Süddeutsche Zeitung

CSU:Seehofer will verhindern, dass Söder Ministerpräsident wird

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Es gibt keinen stichhaltigen Grund, warum ein CSU-Chef Minister in Berlin sein muss - abgesehen von einem.

Kommentar von Wolfgang Wittl

Horst Seehofer meint es also ernst damit, die CSU auf die Zeit nach ihm vorzubereiten. Der Parteichef müsse spätestens 2017 in Berlin sitzen, das hat Seehofer vor den mächtigen CSU-Bezirksvorsitzenden angekündigt. Hinter diese Forderung wird er nicht mehr zurückkommen. Die Geschichte der CSU zeigt, dass der Parteichef den Übergang in seinem Sinn nur dann mitbestimmen kann, solange er stark ist. Das trifft bei Seehofer noch zu. Daher stellt er jetzt die Weichen.

Zwei Motive leiten Seehofer, wenn er den Parteivorsitz mit dem Wechsel in die Bundespolitik verknüpft: erstens die Sorge, die Bundestagswahl 2017 werde für die CSU in Bayern zu einem Desaster - ausgelöst durch die Flüchtlingspolitik von Angela Merkel.

Das will Seehofer mit einem starken CSU-Listenführer verhindern; mit einer Person, die mit der Kraft des Parteivorsitzenden und als Chef eines Schlüsselministeriums täglich auf Augenhöhe mit Merkel und Gabriel verhandeln kann und nicht nur dann, wenn der bayerische Ministerpräsident mal nach Berlin fährt. Zweitens setzt er seinen größten innerparteilichen Rivalen, Markus Söder, unter Zugzwang.

Söder lehnt es kategorisch ab, sein Betätigungsfeld nach Berlin zu verlegen. Er will nur eines: bayerischer Ministerpräsident werden. Seehofer möchte dies verhindern. Er hält es offenbar für besser, Söder als Mann deutlicher Worte in die Auseinandersetzung mit anderen Parteien zu schicken, anstatt ihm schon jetzt die Verantwortung für Bayern zu überlassen. Damit sein Plan aufgeht, erhöht er nun den Druck.

In der CSU wird Seehofer oft mit einem Schachspieler verglichen, der Parteifreunde dorthin schiebt, wo sie ihm am meisten nützen. Seine wichtigste Figur im Moment heißt Joachim Herrmann. Der bayerische Innenminister hat als einer von wenigen CSU-Politikern die Statur für ein großes Ministerium im Bund. Und er hätte neben Seehofer als einziger die Kraft, sich im Kampf um den CSU-Vorsitz gegen Söder zu behaupten. Der seriöse Herrmann ist in Partei und Fraktion gleichermaßen geschätzt, auf taktische Machtspielchen hat er sich nie eingelassen - und sich deshalb auch keine Feinde geschaffen.

Sollte Herrmann zum Wechsel nach Berlin bereit sein, bekäme Söders Karriere zwangsläufig eine Delle. Seine Gegner werden ihn als Verweigerer brandmarken, der die Verantwortung ablehnte, als die Partei ihn brauchte. Darauf beruht wohl auch Seehofers Kalkül, um Söder doch noch in die Bundeshauptstadt zu bekommen.

Gelingt dies, hätte Seehofer in München freie Bahn. Ihn selbst zieht es wohl nicht mehr nach Berlin. Eher macht er als Ministerpräsident weiter. Oder er räumt 2018, wie angekündigt, die Staatskanzlei: für Herrmann. Seehofer ginge dann als der Mann in die CSU-Geschichte ein, der die Partei zurück zur absoluten Mehrheit führte und den Übergang gestalten konnte. Dass er selbst es war, der nach der Bundestagswahl 2013 das Schlüsselministerium aufgegeben hatte, das die CSU nun plötzlich wieder so dringend fordert, bliebe eine Randnotiz. Wenn sein Spiel denn aufgeht.

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Quelle:
SZ vom 07.10.2016
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