Süddeutsche Zeitung

CSU:Plötzlich mimt Seehofer die personifizierte Güte

Es ist Wahlkampf und CSU-Chef Seehofer erklärt, dass Kirchenasyl nicht mehr strafbar sein soll. Doch an der scharfen Linie der bayerischen Flüchtlingspolitik ändert sich nichts.

Kommentar von Heribert Prantl

In kaum einer anderen Frage sind Kirchengemeinden in Deutschland so engagiert wie beim Kirchenasyl. Das ist in Bayern so, in Nordrhein-Westfalen und in Schleswig-Holstein. Aber nur in Bayern werden die Pfarrerinnen und Pfarrer, die Kirchenvorstände und die Flüchtlinge, die sich im Kirchenasyl befinden, strafrechtlich verfolgt.

Horst Seehofer hat jetzt die dafür politisch und juristisch Verantwortlichen zurückgepfiffen. Warum? Eine Art Kirchenkampf im Wahlkampf - den kann Seehofer nicht brauchen.

Wenn christlich-humanitäres Engagement mit Strafparagrafen verprügelt wird, dann tut das dem C in der CSU nicht gut; zumal dann nicht, wenn die Flüchtlingshilfsgruppe von der Frau des CSU-Bürgermeisters geleitet wird. Am scharfen Ruf und der scharfen Linie der bayerischen Flüchtlingspolitik ändert die neue Direktive Seehofers nichts. Im Gegenteil: Die CSU-Politik hat ein Jahr lang gezeigt, dass sie sich notfalls mit den Kirchen genauso anlegt, wie er sich zuvor mit Merkel angelegt hat. Zu guter Letzt und nach heftigen Auseinandersetzungen mimt Seehofer dann die personifizierte Güte.

Bayern ist zwar nicht so groß wie Russland, aber den alten Spruch, dass das Land groß und der Zar weit ist - den hört Seehofer gern. Er pflegt seinen Ruf als großer Versteher, als derjenige also, der eingreift, wenn er von Missständen erfährt. Das ist die Attitüde, mit der er in Land und Bund die Wahlen gewinnen will.

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Quelle:
SZ vom 14.08.2017
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