Süddeutsche Zeitung

Christsoziale nach der Europawahl:Die CSU kann wieder jubeln

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Die Christsozialen schaffen in Bayern fast die absolute Mehrheit und feiern das Ende ihrer Krise: Endlich kann die CSU einen handfesten Beweis für eine politische Erholung präsentieren. Und Horst Seehofer ist wieder der Held der Partei. Bis auf weiteres.

P. Fahrenholz und K. Stroh

Die Grünen freuten sich darüber, dass sie bei der Europawahl als drittstärkste Kraft bestätigt wurden. Die FDP jubelte über ihren deutlichen Zuwachs. Doch die CSU konnte ihren vermutlich wichtigsten Sieg feiern. Einen Sieg, der über das Gegenrechnen von Prozentzahlen weit hinausreicht.

Denn der Partei ist es ausgerechnet bei der Europawahl gelungen, ihren Abwärtstrend zu stoppen, obwohl diese für sie immer schon schwer zu kalkulieren war. Die ungefähr 49 Prozent, die die CSU erreicht hat, sind zwar noch nicht ganz die Einlösung der alten Erfolgsformel "50 plus X", aber sie liegen deutlich über dem katastrophalen Ergebnis der Landtagswahl im vergangenen Herbst, als die CSU auf 43 Prozent abgestürzt war. Zum ersten Mal seit Monaten kann die CSU einen handfesten Beweis für eine politische Erholung präsentieren, der über die notorische Gesundbeterei hinausgeht, die Parteichef Horst Seehofer seit seiner Berufung betreibt.

Entsprechend erleichtert reagierten Seehofer und mit ihm die gesamte Parteiprominenz auf den Wahlerfolg. Dass er unverhofft kam, gab Seehofer bereits zu erkennen, als er um kurz nach halb sieben Uhr bei der CSU-Wahlparty eintraf. Das sei ein Ergebnis, mit dem er nicht gerechnet habe, sagte Seehofer. Bei seiner Rede vor den jubelnden CSU-Anhängern resümierte Seehofer: "Wir haben wieder Vertrauen in unserer bayerischen Bevölkerung zurückgewonnen." CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt sagte: "Die CSU ist wieder da."

Das Ausmaß der Erleichterung am Wahlabend ließ einen Rückschluss darauf zu, wie groß die Sorgen wirklich waren, die sich die CSU vor der Wahl gemacht hatte. Zwar wurde die Angst, zum ersten Mal den Einzug ins Europaparlament zu verfehlen, mit allerlei Rechenbeispielen gekontert, die belegen sollten, wie unwahrscheinlich dieser Fall sei. Intern galt ein solches Szenario aber keineswegs als ausgeschlossen.

Denn bei Europa-Wahlen hatte die CSU schon immer die größten Schwierigkeiten mit der Mobilisierung ihrer Wähler. Und dieses Mal war die Lage besonders heikel: Die Wahl lag mitten in den Pfingstferien, und bei den Bauern, normalerweise die treueste Klientel der Partei, hatte sich Unmut über die fallenden Milchpreise entladen. Eine extrem niedrige Wahlbeteiligung in Bayern, das wussten die CSU-Strategen, hätte gefährlich werden können. Wohl noch niemals zuvor hat die CSU bei einer Wahlkampagne deshalb so offensiv die Briefwahl angepriesen, und dieses Manöver ist offenbar aufgegangen: In Bayern lag die Wahlbeteiligung höher als anderswo - im Gegensatz zur letzten Europawahl.

Obwohl die Europa-Wahl in den Augen der Wähler traditionell die unwichtigste Wahl ist, wäre ein Scheitern für die CSU eine politische Katastrophe gewesen. Denn damit wäre die Partei erstmals auf einer der politischen Ebene nicht mehr vertreten gewesen. Das hätte für ihr Gewicht auf Bundesebene verheerende Auswirkungen gehabt und den Weg dafür ebnen können, mittelfristig zu einer reinen Regionalpartei abzusinken.

Auch für CSU-Chef Seehofer hätte es fatale Folgen gehabt, wenn seine Partei an der bundesweiten Fünf-Prozent-Hürde gescheitert wäre. Denn Seehofer, der in den eigenen Reihen als unkalkulierbarer Einzelkämpfer galt, war nur deshalb zum CSU-Chef und Ministerpräsidenten gewählt worden, weil er der Einzige war, dem die CSU zutraute, den Niedergang zu stoppen. Seehofer wusste genau, dass ihn nur Wahlerfolge längerfristig an der CSU-Spitze halten würden.

In den letzten Monaten war in der Partei bereits ein deutliches Murren über Seehofers Führungsstil zu vernehmen, der als gleichermaßen autoritär wie sprunghaft empfunden wurde. Davon dürfte jetzt keine Rede mehr sein. Bis auf weiteres ist Horst Seehofer wieder der Held der CSU.

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SZ vom 08.06.2009
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