Süddeutsche Zeitung

Innere Sicherheit:Bayern verstärkt Zusammenarbeit mit bulgarischer Polizei

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Von Johann Osel, München

Bayern und Bulgarien wollen ihre Kooperation in Sicherheitsfragen verstärken, auch im Kampf gegen grenzüberschreitend tätige Einbrecherbanden. Das teilten Innenminister Joachim Herrmann (CSU) und sein bulgarischer Kollege Mladen Marinov am Montag nach einem Arbeitstreffen in München mit. Dass osteuropäische Kriminelle für raubzugartige Einbruchsserien hierzulande verantwortlich sind, wird zwar häufig klischeehaft verwendet, das Phänomen ist laut Kriminalstatistik aber nicht von der Hand zu weisen. Seit Jahren kooperieren der Freistaat und das südosteuropäische Land in einem EU-geförderten Projekt dazu. "Die Zusammenarbeit geht weiter", sagte Marinov. "Wir sind bereit, Beamte zu entsenden, um die bayerischen Kollegen zu unterstützen, wenn es um Einbruchsbanden geht, die aus Bulgarien kommen." Das bayerische Ministerium betonte aber, dass die Fallzahlen generell seit einigen Jahren zurückgehen.

Dach der Kooperation ist eine Strategie der EU-Kommission für den Donauraum, in der Bayern, der Bund und Bulgarien die Bekämpfung der schweren und organisierten Kriminalität koordinieren. Marinov ist Ende 2018 neu ins Amt gekommen. München und Sofia waren bereits Partner in einem Projekt zur Korruptionsbekämpfung in der Donauregion sowie eben bei einer Initiative gegen Wohnungseinbrüche durch reisende Tätergruppen, initiiert 2015. Es ging zum Beispiel darum, Lagebilder zu erstellen, um die Reisewege der Täter und die Absatzwege des Diebesguts international zu rekonstruieren. Zudem baut man ein Netzwerk von Ermittlern auf. Inzwischen läuft das Projekt in abgewandelter Form unter der Ägide des Polizeipräsidiums München. Laut Statistik sind tatverdächtige Einbrecher je etwa zur Hälfte Deutsche und Ausländer. Auf nicht näher bezifferte Anteile reisender Täter aus Osteuropa und vom Balkan, unter anderem auch aus Rumänien, Serbien und Georgien, verwies das Ministerium regelmäßig.

Die Erfolge des Projekts seien "herausragend", hieß es am Montag. Insgesamt ist die Entwicklung bei Einbrüchen rückläufig. 2018 zählte man im Freistaat 5240 Delikte, minus 13 Prozent im Vergleich zum Vorjahr; 2015 und 2016 waren es jeweils 7500 Taten. Bis 2014 war die Zahl jedoch gestiegen und erreichte in jenem Jahr mit 8200 Einbrüchen eine Höchstmarke. Experten führten dies durchaus auf die Arbeitnehmerfreizügigkeit in der EU zurück, die für Bulgarien und Rumänien in Kraft trat. Am Montag wurde am Rande des Treffens ein noch unveröffentlichter Trend bekannt, wonach sich im ersten Halbjahr 2019 ein weiterer Rückgang abzeichnet.

Dennoch bedeutet die gesunkene Zahl von 2018, dass rechnerisch 14 Mal am Tag in Bayern eingebrochen wird. Auch scheint die Trendumkehr noch nicht in den Köpfen angekommen zu sein, die Angst vor Einbruch treibt viele Bürger um. Da es sich um ein Eindringen in die Intimsphäre handelt, beeinträchtigen Einbrüche das Gefühl von Sicherheit besonders. Die Aufklärungsquote lag zuletzt bei nur 20,6 Prozent. Dass man der Täter so selten habhaft werden kann, spricht für länderübergreifende Bezüge. Die Hälfte aller Delikte bleibt im Versuchsstadium - Präventionsexperten erkennen, dass immer mehr Eigentümer in den Schutz ihrer Wohnungen investieren.

Forcieren will Herrmann die Zusammenarbeit mit Bulgarien auch bei Terrorbekämpfung, Falschgeld und Drogenhandel. Hier müsse man die "Balkanroute so dicht wie möglich halten". Als "großen Sicherheitsgewinn" bezeichnete er Bulgariens Einsatz für die Sicherung der EU-Außengrenzen zur Türkei, zu Serbien und Nordmazedonien: "Wenn alle in der EU so konsequent und ernsthaft an der Sicherung ihrer Außengrenzen arbeiten würden, hätten wir mit dem Migrationsgeschehen wesentlich weniger Probleme." Besonders wichtig sei ihm die Registrierung aller Flüchtlinge im Fingerabdrucksystem "Eurodac".

Die beiden Minister sahen sich auch mit Recherchen des ARD-Magazins "Report München" konfrontiert. Demnach duldet die EU-Grenzschutzagentur Frontex an Außengrenzen Menschenrechtsverletzungen durch nationale Beamte. Es gehe um sogenannte Push-Backs (Zurückweisungen) unter Einsatz von Gewalt, entgegen des Völkerrechts. Jede Person habe das Recht, einen Asylantrag zu stellen, auch wenn sie illegal über die Grenze komme. Der Bericht sah Misshandlungen von Flüchtlingen unter anderem in Bulgarien. Marinov sagte dazu, sein Land halte "sämtliche Abkommen in Bezug auf die Menschenrechte" ein. Durch bulgarische Beamte werde "physische Gewalt nur dann angewandt, wenn es die Situation erfordert" - in Einzelfällen, die gesetzlich klar geregelt seien. Herrmann sagte, sein Lob beziehe sich auf die Gesamtpolitik, vor allem in puncto Eurodac. Das Verhalten einzelner Beamter könne er von München aus nicht beurteilen.

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SZ vom 06.08.2019
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