Süddeutsche Zeitung

Beteiligungsbericht:Der Staat und seine Geschäfte

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An etwa 70 Unternehmen verdient der Freistaat Hunderte Millionen. Doch manche Zahlen werfen bei der Opposition Fragen auf

Von Lisa Schnell, München

Die Hälfte der Menschheit ist weiblich, die Hälfte der Macht haben Frauen in Bayern allerdings nicht, weder in der Politik noch in der Wirtschaft. Hier müsse der Freistaat zumindest bei seinen eigenen Unternehmen etwas tun, fordern SPD und Grüne. Bei den rund 70 Unternehmen, an denen der Freistaat beteiligt ist, stagniert die Frauenquote seit Jahren. Das zeigt der Beteiligungsbericht, der am Dienstag im Haushaltsausschuss besprochen wird und der Süddeutschen Zeitung vorliegt.

Nur 13 Prozent der Vorstands-und Geschäftsführerpositionen waren Mitte 2017 mit Frauen besetzt, fast ein Prozentpunkt weniger als 2016. Auch die Anzahl der Frauen, die in Aufsichtsgremien entsandt werden, ist leicht gesunken und liegt bei knapp 19 Prozent. "Ein Unding", findet Ludwig Hartmann, haushaltspolitischer Sprecher der Grünen. Er hat sich die Protokolle der vergangenen Jahre durchgesehen. Man bemühe sich, stehe da fast jedes Jahr. Viel gebracht habe das Bemühen nicht, sagt Hartmann. "Der Freistaat sollte sich eine Quote von 50 Prozent setzen, die er in einem gewissen Zeitraum erreichen muss."

Anders als bei der Frauenquote schien es bei den neun Spielbanken des Freistaats 2016 bergauf zu gehen. Ihre Defizite mussten meistens durch Steuergeld ausgeglichen werden, 2016 aber schrieben sie schwarze Zahlen, was Finanzstaatssekretär Albert Füracker ankündigen ließ, dass sie sich künftig wohl selbst tragen könnten. Der Beteiligungsbericht liest sich weniger optimistisch. Besucherzahlen und Bruttospielertrag sanken 2016. Dass es trotzdem zu einem Überschuss kam, lag an einer Rückzahlung von Spielbankabgaben in Höhe von 4,7 Millionen Euro infolge einer geänderten Rechtssprechung. Gut möglich, dass es 2017 ohne diese Geldspritze anders aussieht. In den ersten sechs Monaten von 2017 lag der Bruttospielertrag über vier Prozent unter dem des Vorjahres.

Auch die Bayreuther Festspiele sind traditionell ein Draufzahlgeschäft für den Freistaat. Trotz vollständiger Ausbuchung und sehr hoher Eigeneinnahmen erreichten sie 2016 keinen ausgeglichenen Haushalt, heißt es in dem Bericht. Das Minus beträgt rund 700 000 Euro. Die öffentlichen Zuwendungen beliefen sich auf etwa 5,5 Millionen Euro. Die geplante Sanierung des Festspielhauses wird laut Bericht außerdem teurer als gedacht. Wenn schon so "sauteuer" saniert werde, müsse man darüber nachdenken, wie die Defizite möglichst klein gehalten werden können, sagt Herbert Kränzlein, der für die SPD im Haushaltsausschuss sitzt. Dazu sei es sinnvoll, die moderne Spielstätte nicht nur als "wagnerdominierte Kultstätte" zu nutzen.

Zum Unternehmen Bayerngrund, das Grundstücke beschafft und erschließt, will Kränzlein Details wissen. Es habe Geschäfte getätigt, die laut der Finanzdienstleistungsaufsicht Bafin nicht erlaubt sind, so steht es in dem Bericht. Welche genau das sind, müsse Füracker offen legen.

Interessant wäre auch, wie Füracker die Werbewirkung seines Chefs, Finanzminister Markus Söder, einschätzt. Der wirbt seit Jahren beim Maibockanstich für sich und die staatliche Hofbräu. Doch Hofbräu verliert bei den Bierliebhabern an Attraktivität. Der Getränkeabsatz war im Vergleich zu 2015 leicht rückläufig. Schuld seien das schlechte Biergartenwetter 2016 und der Amoklauf in München, nach dem deutlich weniger Besucher auf das Oktoberfest gingen. Weihenstephan dagegen legte beim Getränkeabsatz 2016 um fast sechs Prozent zu.

Stetig nach oben ging es bei den Eon-Aktien nicht. Vergangenes Jahr noch wollte Füracker von einem Verkauf nichts wissen, dazu stehe der Kurs zu schlecht. Jetzt dürfte das anders aussehen. Der Kurs ist gestiegen, vor allem aber ist Wahljahr. Etwa 260 Millionen Euro dürften die Anteile des Freistaats wert sein, die Söder eventuell für eine staatliche Wohnungsbaugesellschaft verwenden will. Insgesamt flossen in den Jahren von 2014 bis 2016 in etwa 900 Millionen Euro aus den Unternehmen mit staatlicher Beteiligung in den Haushalt, sagte Füracker 2017.

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SZ vom 23.01.2018
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