Süddeutsche Zeitung

Studium in Bayreuth:Ohne Geld kein Aufenthalt

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Eigentlich hatte sie ihre Finanzen geregelt und offengelegt. Doch um in Bayreuth studieren zu können, kämpfte eine Kolumbianerin monatelang mit den Behörden. Dass diese Studierenden Steine in den Weg legen, weist die Stadt vehement von sich.

Von Clara Lipkowski, Bayreuth

Eigentlich schien die Sache für Kate R. klar zu sein. Sie hatte Geld gespart, um ihr Auslandsstudium in Bayreuth anzutreten. Sollte sie doch in finanzielle Not geraten, verpflichtete sich ein befreundetes Ehepaar per offizieller Erklärung, finanziell für sie einzuspringen. Voraussetzung erfüllt, dachte die 26-Jährige, und fokussierte sich auf ihren Master in "Intercultural Anglophone Studies".

Doch dann ging der Behördenstress los. Es folgten Schreiben, Gänge ins Ausländeramt von Bayreuth, Ungewissheit. Die Erklärung gelte nicht, hieß es. Ende Oktober dann öffnete R. mal wieder einen Brief. Daraufhin, so schildert sie es, habe sie schon gedanklich ihre "Flucht" aus Bayreuth vorbereitet. Das Amt drohte ihr mit Abschiebung.

Bürokratie bewältigen, das müssen wohl alle Auslandsstudierenden. Für ein Visum etwa und das Ankommen im Zielland. Kate R.s Streit mit den Behörden aber zog sich über Monate. Mit der erstaunlichen Wende, dass sich die Stadt kürzlich dazu veranlasst sah, ihre Sicht per Lokalzeitung darzulegen. Denn Kate R. wirft dem Ausländeramt vor, es ihr alles andere als leicht zu machen. Die Verpflichtungserklärung des befreundeten Ehepaares nämlich hatte die Stadt Freiburg im Breisgau, wo sie anfangs gemeldet war, längst anerkannt. Bayreuth aber stellte sich quer. Warum?

Der befreundete Mann habe sein Einkommen aufgeführt, es aber sei nicht hoch genug, teilt die Stadt mit. R. hält dagegen, das ja zusätzlich dessen Frau unterschrieben habe. Die Stadt lässt das nicht gelten: Die Ehefrau habe nur das Formular "mit gezeichnet". Ihr Einkommen sei aber nie vorgelegt worden. R. widerspricht: Bayreuth habe sie dazu gar nicht aufgefordert, zudem sei das schon in Freiburg geschehen.

Dass das Ganze nun auch in der Lokalpresse abgehandelt wurde, ist wohl als Verteidigung der Behörden zu werten, die nicht als Studierendenschreck dastehen will. Darin und in einem Schreiben an die SZ betont ein Sprecher, die Stadt prüfe jährlich circa 1000 Aufenthaltstitel für Studenten. "In circa 99,5 Prozent der Fälle treten keine Probleme auf." Nur etwa fünf Fälle pro Jahr könnten nicht positiv entschieden werden. "So gut wie nie", schreibt der Sprecher, scheiterten diese an der fehlenden Lebensunterhaltssicherung, eher mangele es an Studienleistungen. Warum also das Tauziehen bei Kate R.?

"Am meisten ärgert mich, dass die Behörden nicht miteinander reden"

Mehrmals habe das Ausländeramt nicht auf ihre Nachfragen reagiert, auch wenn Fristen näherrückten, schildert R. bei einem Videogespräch mit ihrem Freund Stephan Kroener, mit dem sie in Bayreuth lebt. Sie schrieb mit ihm an den Oberbürgermeister, suchte Hilfe bei der Uni, die letztlich vermittelte. Und richtet ein Sperrkonto ein, das das Amt vorgeschlagen hatte. Dort zahlt Kate R. nun Geld ein, und belegt so, dass sie sich finanzieren kann. Das, versichert die Stadt, sei "der absolute Standardfall". Dass sie das viel früher hätte tun können, wie es die Stadt angibt, wehrt R. ab. Sie sei ja von der Verpflichtungserklärung ausgegangen; Bayreuth habe ihr aber lange nicht erklärt, warum diese nicht gelte. Es geht um viele Details in dieser Hängepartie.

"Am meisten ärgert mich, dass die Behörden nicht miteinander reden", sagt Kate R., Bayreuth hätte die Gültigkeit der Erklärung einfach in Freiburg abfragen können. Da wiederum wiegelt das Ausländeramt ab: "Die Stadt Bayreuth hat in eigener Zuständigkeit zu prüfen, ob der Lebensunterhalt einer Studentin, die einen Aufenthaltstitel beantragt, gesichert ist."

Mit wenig Beweglichkeit allerdings war die Bayreuther Behörde in der Vergangenheit bei einem anderen Fall aufgefallen. Ein Student aus Nigeria hatte es einmal versäumt, den Wechsel von einem Job in ein Studium anzugeben, seine Aufenthaltsgenehmigung erlosch. Um sein Visum zu erneuern, teilte ihm die Stadtverwaltung ziemlich lapidar mit, solle er doch einfach aus Deutschland aus- und wieder einreisen. Sonst drohe die Abschiebung. In einer Zeit, in der Corona das Reisen erschwerte und der Student eine Rückkehr nach Deutschland riskierte. Erst nach langem Hin und Her gelang die Visumverlängerung.

Auch Kate R. erhielt ein Abschiebeschreiben. "Das haben wir als Drohung verstanden", sagt Kroener. Doch dann, kurz vor Weihnachten, das Aufatmen: Die Stadt akzeptiert das Sperrkonto und schreibt, R. könne ihre Aufenthaltsgenehmigung noch kurz vor Heiligabend abholen. Für ein halbes Jahr ist ihr Aufenthalt sicher. Dann muss sie wieder ihre Finanzen offenlegen. Erleichtert und froh seien sie beide, sagt ihr Freund, "aber Willkommenskultur sieht anders aus".

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