Süddeutsche Zeitung

Landgericht Traunstein:Jugendseelsorger nach Vergewaltigung zu Bewährungsstrafe verurteilt

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Der frühere katholische Gemeindereferent hat eine psychisch kranke junge Frau missbraucht. Vor Gericht profitiert er von einem Deal mit der Staatsanwaltschaft und dem Verteidiger des Opfers.

Von Matthias Köpf, Traunstein

Das Landgericht Traunstein hat einen ehemaligen katholischen Gemeindereferenten wegen der Vergewaltigung einer jungen Frau zu einem Jahr und zehn Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Die Kammer war bei ihrem Urteilsspruch vom Dienstag an einen sogenannten Deal gebunden. Gleich zu Beginn des Prozesses in der vergangenen Woche hatte sie nach einem Rechtsgespräch hinter verschlossenen Türen mit dem Staatsanwalt, dem Verteidiger und dem Anwalt des Opfers eine Bewährungsstrafe zwischen eineinhalb und zwei Jahren in Aussicht gestellt, wenn der heute 37-Jährige die Tat gestehen, der jungen Frau so eine Aussage vor Gericht ersparen und ihr 10 000 Euro als Täter-Opfer-Ausgleich zahlen würde.

Zusätzlich muss sich der Mann nun mehrmals bei einer Fachambulanz für Sexualstraftäter beraten lassen. Er hat eingeräumt, im Jahr 2018 die damals gerade volljährige Frau nach einem gemeinsamen Kinobesuch in einem Münchner Hotel gefesselt und vergewaltigt zu haben.

Kennengelernt hatten sich beide einige Jahre zuvor im oberbayerischen Rosenheim. Der dort als Jugendseelsorger tätige Gemeindereferent hatte der unter Depressionen leidenden Jugendlichen seine Hilfe angeboten. Daraus hatte sich eine sexuelle Beziehung mit der damals 16-Jährigen entwickelt. Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs einer Schutzbefohlenen wurden gemäß der Absprache zu Prozessbeginn fallen gelassen, da das Opfer dem Mann nach Ansicht des Gerichts zu Beginn der Beziehung nicht im juristischen Sinne anvertraut gewesen sei. Später, etwa während der Ferienfreizeit und einer Gruppenreise, habe der intime Kontakt dann schon bestanden.

Ein zwischenzeitliches Ende hatte die Beziehung gefunden, nachdem die junge Frau sich ihren Eltern offenbart und der verheiratete Seelsorger die Gemeinde und später das Bistum gewechselt hatte. Später gab es jedoch weitere Treffen. Wegen der Vergewaltigung hat sich die Frau im Jahr 2020 an eine Ansprechperson des Bistums München und Freising gewandt, das den Mann anzeigte. Zugleich wurde er von seinem neuen Bistum freigestellt und später gekündigt. Die Vorsitzende Richterin bezeichnete die Tat als untypisch für einen kirchlichen Missbrauchsfall und den Umgang der Kirche damit als vorbildlich.

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