Süddeutsche Zeitung

Umweltministerium:Was Bayern für die Bauern tut

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Der Freistaat ist beim Herdenschutz und den Zahlungen für von Wölfen gerissene Schafe und Ziegen sehr großzügig. Den strengen Schutz der Raubtiere aber kann er nicht aufweichen, räumt das Umweltministerium ein.

Von Christian Sebald, München

Es ist zweifellos ein Riesenschock für einen Bauern, wenn er entdeckt, dass seine Schafe in der Nacht auf der Weide von einem Wolf überfallen worden sind. Die blutigen Kadaver sind ein grausiger Anblick. Deshalb versteht man gut, wenn den Bauern in so einem Moment eine unbändige Wut und zugleich die Ohnmacht übermannen. Es dauert dann meist nur wenige Stunden, bis wieder ein Politiker fordert, ein Wolf, der Nutztiere reißt, müsse abgeschossen werden, die Raubtiere passten einfach nicht in den dicht besiedelten Freistaat.

In dem hitzigen Streit wird meist vergessen, dass dem Umgang mit dem Wolf enge Grenzen gesetzt sind und der Freistaat viel tut, um Bauern und Nutztiere zu schützen. Das hat am Donnerstag ein Bericht des Umweltministeriums im Landtag gezeigt. Die Experten von Umweltminister Thorsten Glauber (FW) haben klargestellt, dass der Wolf durch europäisches und deutsches Naturschutzrecht strengstens geschützt ist. Abschüsse sind nur in absoluten Ausnahmen möglich, wenn etwa Menschen in Gefahr sind. Alle Initiativen des Freistaats, dies zu ändern, sind gescheitert. Bayern könne aber keine von europäischem und deutschem Naturschutzrecht abweichenden Regelungen treffen.

Zumal der Freistaat bisher vergleichsweise wenig unter dem Wolf leidet. Das zeigen ein paar Zahlen. Bundesweit sind laut Umweltministerium im aktuellen Wolfsjahr 157 Rudel, 27 standorttreue Wolfspaare und 29 Einzeltiere gezählt worden. Ein Rudel umfasst zwischen fünf und sechs Wölfen. Deutschlandweit kommt man also auf 850 bis 1000 Wölfe. In Bayern - dem größten Bundesland mit entsprechend vielen möglichen Wolfsterritorien - gibt es vier Rudel, ein standorttreues Paar und vier standorttreue Einzeltiere, mithin um die 30 Wölfe.

Rufe nach schnellen Abschüssen

Auch Risse von Nutztieren kommen in Bayern eher selten vor. 2020 zählte das Umweltministerium bayernweit zehn Wolfsüberfälle, bei denen 38 Nutztiere getötet wurden. Dieses Jahr ist die Größenordnung bislang die gleiche. Im sehr viel kleineren Mecklenburg-Vorpommern, wo laut Umweltministerium drei Mal so viele Wölfe leben wie in Bayern, gab es 90 Wolfsangriffe mit 450 getöteten und verletzten Nutztieren. Der Freistaat tut dennoch viel, um Bauern und Nutztiere zu schützen. So hat er binnen zwei Jahren fast fünf Millionen Euro Förderung an Bauern für Schutzzäune ausbezahlt. Auch die Anschaffung von Herdenschutzhunden wird subventioniert. Und anders als etwa Baden-Württemberg, das Zäune nur gegen standorttreue Tiere fördert, bekommen bayerische Bauern auch Geld für den Schutz vor durchziehenden Wölfen.

All das wird die Rufe nach schnellen Abschüssen nicht verstummen lassen. Auch das ist im Landtag deutlich geworden. CSU und FW beharren auf der raschen Absenkung des strengen Schutzes - auch wenn es kein Anzeichen für einen Erfolg gibt. Zumal die Gerichte genau darauf achten, dass das Naturschutzrecht der EU befolgt wird. Das zeigt ein aktuelles Beispiel aus Tirol. Dort hat ein Gericht unlängst die Abschussgenehmigung für einen Wolf im Sellrain ausgesetzt, bis über den Fall entschieden ist. Die Landesregierung musste die Jagd auf den Rüden, der um die 50 Nutztiere gerissen haben soll, postwendend abblasen.

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