Süddeutsche Zeitung

SPD-Klausur:Bayern soll für Tariftreue eintreten

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Nicht einmal mehr die Hälfte der Menschen im Freistaat ist in tarifgebundenen Betrieben beschäftigt - "ein Allzeittief". Die Sozialdemokraten fordern daher, Auftragsvergaben an Standards zu knüpfen.

Von Andreas Glas und Johann Osel, München

Die SPD-Fraktion wirft der Staatsregierung vor, sich als fast einziges Bundesland gegen ein Tariftreue-Gesetz zu sträuben. Mit einer solchen Regelung würden öffentliche Aufträge nur noch an Unternehmen vergeben werden, die nach Tarif bezahlen. "Das werden wir nicht hinnehmen, denn Tarifverträge bringen nicht nur mehr Geld in die Tasche, sondern auch bessere Arbeitsbedingungen", sagte Fraktionschef Florian von Brunn am Dienstag zum Auftakt der SPD-Winterklausur. "Der Freistaat muss hier bei seinen Auftragsvergaben mit gutem Beispiel vorangehen."

Laut aktuellen Daten sei nicht einmal mehr die Hälfte (49 Prozent) der Menschen im Freistaat in tarifgebundenen Betrieben beschäftigt - "ein Allzeittief", 2010 seien es noch 62 Prozent gewesen. Die SPD will nun erneut einen Entwurf dazu vorlegen, auch wenn solche Initiativen bisher von der CSU blockiert worden seien. Zugeschaltet zu den 22 bayerischen Landtagsabgeordneten war Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, er plant ein solches Gesetz für den Bund. Brunn hofft, dass sich die Berliner Ampel-Partner Grüne und FDP seinem Vorhaben im Landtag anschließen. Schwerpunkt des Klausur-Auftakts war ein gerechter Arbeitsmarkt. Die Vorsitzende des Sozialausschusses, Doris Rauscher, sagte: "In diesem Bereich geht es nicht um Geschenke, es geht um Würde."

Heil debattierte mit der Fraktion über seine Pläne im Bund: "Wir wollen für mehr Fairness am Arbeitsmarkt sorgen. Deswegen wird die Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro noch in diesem Jahr kommen. Das haben wir den Menschen versprochen und daran halten wir uns." Millionen Beschäftigte profitierten davon, vor allem Frauen, die häufig in systemrelevanten Berufen arbeiteten und mehr Respekt für ihre Arbeit verdienten. Heil verwies auch auf das Kurzarbeitergeld als "stabilste Brücke" in der Pandemie, es sei damit gelungen, "ein Erdbeben auf dem deutschen Arbeitsmarkt zu vermeiden". Brunn sagte, ohne dieses und andere SPD-Projekte stünde die bayerische Wirtschaft jetzt weitaus schlechter da.

Bis Donnerstag widmet sich die Fraktion Mieterschutz und Wohnen sowie Gesundheitsversorgung, auch im ländlichen Raum. Gäste sind der Hamburger Bürgermeister Peter Tschentscher, Münchens OB Dieter Reiter und die neue Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, Sabine Dittmar aus Unterfranken. Brunn schoss zum Auftakt auch eine Spitze gegen die Grünen. Für die soziale-ökologische Wende seien Handwerker und Praktiker relevant - "nicht der grün angehauchte Webdesigner, der über Klimaschutz debattiert und nebenbei Cappuccino trinkt". Bei der Bundestagswahl hatte die SPD in Bayern stärker abgeschnitten als die Grünen; über Jahre lagen aber zuvor die Grünen in Wahlen und Umfragen vor den Sozialdemokraten.

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