Süddeutsche Zeitung

Söders Innovationsprogramm:Eine Milliarde wird nicht reichen

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Das Streberland Bayern besitzt nicht mehr die Strahlkraft, dass Spitzenleute aus Forschung und Lehre hier Schlange stehen. Die Initiative des Ministerpräsidenten ist ein guter Vorschlag, nur die Finanzierung ist längst nicht geklärt. 

Kommentar von Katja Auer

Nicht einmal die Opposition erhebt lautstarken Protest gegen die Innovationsoffensive von Ministerpräsident Markus Söder, wieso auch, sie ist ein guter Vorschlag. Auch wenn sie auf der schmerzhaften Erkenntnis beruht, dass das Streberland Bayern nicht mehr die Strahlkraft besitzt, um Spitzenleute aus Forschung und Lehre Schlange stehen zu lassen vor den Toren des Freistaats.

Will Bayern ganz vorne mithalten, will es konkurrieren mit China und den USA, wird es höchste Zeit für einen großen Aufschlag. Mehr Professorenstellen, die Förderung von Spitzentechnologie, endlich flächendeckender Mobilfunk, alles richtig. Söder handelt gerade noch rechtzeitig, bevor ein wirtschaftlicher Abschwung ihn nur noch zum Reagieren zwingt.

Abzusehen ist allerdings, dass die angekündigte Milliarde nicht reichen wird. Die Pläne ziehen hohe und dauerhafte Kosten nach sich. 1000 neue Professorenstellen wollen mit Büros und Assistenten ausgestattet werden, der Sanierungsstau an den Hochschulen hat sich längst auf mindestens fünf Milliarden Euro summiert. Dann müssen aber auch noch die Wahlgeschenke der schwarz-orangen Koalition finanziert werden, das Familiengeld, das Landespflegegeld, das bayerische Baukindergeld.

Schon der aktuelle Haushalt musste aus Rücklagen ausgeglichen werden; wie es gehen soll, wenn die Steuereinnahmen weniger werden, ist noch nicht abzusehen. Zunächst also opfert Söder die Seehofersche Vision vom schuldenfreien Bayern bis 2030, das ist zwar kein schönes Signal, in Zeiten des billigen Geldes aber erklärbar.

Eng wird es trotzdem werden im Haushalt. Natürlich erinnert die Södersche Initiative an die High-Tech-Offensive von Edmund Stoiber in den Neunzigerjahren, die dieser damals aus Privatisierungserlösen finanzierte. Das lief gut, bis Stoiber ein ebenso hartes wie umstrittenes Sparprogramm auflegte.

Wenn Söder in einer Regierungserklärung am 10. Oktober darlegt, wie seine Offensive genau aussehen soll, wird er über Geld reden müssen. Gelingt ihm die Finanzierung, scheitert sie nicht in ein paar Jahren an einer von einer Wirtschaftskrise aufgezwungenen Sparbremse, könnte die Innovationsoffensive eine große Sache werden. Einen Versuch ist es wert.

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Quelle:
SZ vom 20.09.2019
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