Süddeutsche Zeitung

Unter Bayern:Bayerische Sonderwege mit Atomkraft und Winnetou

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Markus Söder plant neue Gesetze: den Sonderwegeplan mit äußerst flexiblen Vorschriften. So klappt es auch mit der Stromversorgung, der Gastronomie und dem Wolfsabschuss. Ein Gedankenspiel.

Glosse von Franz Kotteder

Die bekannt guten Beziehungen zwischen der Staatskanzlei und der SZ ermöglichen es uns, an dieser Stelle exklusiv über das neueste Gesetzesvorhaben der Staatsregierung zu berichten: den bayerischen Sonderwege- und Verkehrsplan. Das bislang völlig unbekannte Gesetz soll schon in der kommenden Woche vom Landtag verabschiedet werden. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) wird deshalb ausnahmsweise auch persönlich dort erscheinen, was die außerordentliche Bedeutung des Gesetzes unterstreichen soll.

"Wie der Name schon sagt", so Söder, "wird es darin nicht nur um Verkehr gehen, sondern um sämtliche Sonderwege, die wir künftig beschreiten wollen." Es handele sich also um ein außerordentlich flexibel handhabbares Konvolut von Vorschriften. Leider könne man es nur teilweise geschwärzt veröffentlichen, "um etwaige Verhandlungspositionen des Freistaats nicht zu gefährden", wie der Ministerpräsident des Weiteren verriet.

Allerdings werde es in dem Papier weniger um Stammstrecken oder Autobahnen gehen, heißt es. Vielmehr solle darin die Wiederbelebung des Atomkraftwerks Isar 2 verfolgt werden, und zwar längstens bis zum 8. Oktober 2023, dem Termin der Landtagswahl. Gegebenenfalls denke man sogar an den Bau neuer Stromtrassen, um Windkraftanlagen nördlich des Freistaats anzuzapfen. Solche Windkraftanlagen sollen künftig sogar genehmigungsfrei errichtet werden dürfen, solange sie um das Zehnfache der Anlagenhöhe außerhalb des Freistaats stehen (sog. "10-H-Regel").

Energiepolitisch setze man künftig außerdem verstärkt auf Wasserstoff statt Gas, so Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger von den Freien Wählern: "Dies gilt besonders für Gasöfen im Haushalt und in der Gastronomie." Gelegentlich werde ja außerhalb des Freistaats etwas abschätzig behauptet, die Bayern kochten auch nur mit Wasser: "Da kann dann der Umstieg auf Wasserstoff ja nicht so schwer sein."

Auch beim Naturschutz werde man neue Wege gehen, so die Staatsregierung weiter. Mit einem speziellen Förderprogramm für Schützenvereine will man das Wolfs- und Bärenproblem angehen. Für jeden erlegten Wolf gibt es demnach eine Schützenscheibe gratis, für jeden Bären einen Nachbau von Old Shatterhands Gewehr Bärentöter. Statt Goethes "Faust" wird an Bayerns Schulen von 2024 an Karl Mays "Winnetou" in drei Bänden sowie das "Rotkäppchen" der Brüder Grimm neue Pflichtlektüre.

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