Süddeutsche Zeitung

Streit ums Impfen:CSU-Fraktionschef Kreuzer stellt Aiwanger als Minister infrage

Lesezeit: 1 min

Hubert Aiwanger solle seine Rolle als stellvertretender Ministerpräsident in Bayern überdenken, so Kreuzer. Einen Bruch der Koalition strebe er nicht an - es gebe aber "theoretisch immer andere Optionen".

Nach mehreren umstrittenen Äußerungen von Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) in der Impfdebatte hat CSU-Landtagsfraktionschef Thomas Kreuzer dessen Tauglichkeit als Minister in Frage gestellt. Wenn Aiwanger als stellvertretender Ministerpräsident Positionen vertrete, "die allen wissenschaftlichen Erkenntnissen widersprechen und diese auch noch massiv propagiert, dann mus man sich fragen, ob man da noch Vertreter einer Regierung sein kann", sagte Kreuzer am Montag der SZ.

Einen Bruch der Koalition aus CSU und Freien Wählern strebe er nicht an. Er sehe Aiwanger als "Sonderproblem", die Zusammenarbeit mit den Freien Wählern insgesamt sei gut. Es gebe aber "theoretisch immer andere Optionen", sagte Kreuzer. Dass Aiwanger zuletzt unter anderem vor einer "Jagd" auf Ungeimpfte und einer "Apartheitsdiskussion" gewarnt hatte, bezeichnete der CSU-Fraktionschef als Manöver, um im Bundestagswahlkampf "die Impfgegner auf seine Seite zu ziehen".

Ebenfalls am Montag hat sich Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) im ZDF-Morgenmagazin geäußert und erklärt, dass Aiwangers Verhalten "fatal" sei. Dessen private Haltung und das, was er als stellvertretender Ministerpräsident öffentlich sage, müsse unterschieden werden, sagte Holetschek.

Der Fraktionssprecher der Freien Wähler im Bayerischen Landtag, Florian Streibl, bezeichnete Kreuzers Kritik am Montag als "überraschend": "Die Koalition sehen wir nicht in Gefahr, die Zusammenarbeit auf Parlaments- und Regierungsebene läuft hervorragend." Kreuzers Ansinnen könne er "nicht nachvollziehen".

Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte zuletzt in mehreren Interviews einen Zusammenhang zwischen der Haltung Aiwangers zum Impfen und seinen bundespolitischen Ambitionen hergestellt. Aiwanger kandidiert für den Bundestag und will mit seiner Partei die Fünf-Prozent-Hürde knacken. Söder erklärte, Aiwanger fische im Trüben. Er wolle sich zur Wahl-Alternative für Querdenker machen.

Aiwanger, der Söders Unterstellung als "Unverschämtheit" bezeichnete, konterte prompt. In einem Interview forderte er am Montag eine Zweitstimmen-Kampagne für die Freien Wähler. Die CSU-Abgeordneten gewännen ihre Mandate ohnehin weitgehend ausnahmslos über die Erststimmen. Deshalb könnten die Wähler mit der Zweitstimme die Freien Wähler wählen, wenn sie das "bürgerliche Lager" stärken wollten. "Eigentlich müsste die CSU eine Zweitstimmenkampagne für die Freien Wähler zur Bundestagswahl fahren, damit ihnen und dem Land auch in Berlin die Grünen in der Regierung erspart bleiben", sagte er im Interview mit der "Passauer Neuen Presse" und dem "Donaukurier".

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5371211
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 03.08.2021 / dpa
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.