Süddeutsche Zeitung

Schwaben:Augsburg fehlt ein Wettkampf-Schwimmbad

Lesezeit: 3 min

Von Florian Fuchs, Augsburg

Ingolstadt, Bamberg, Regensburg, auch in Burghausen haben sie ein 50-Meter-Becken für Sportwettkämpfe, nur in der 300 000-Einwohner-Stadt Augsburg nicht. "Meines Wissens gibt es in Deutschland keine andere Stadt in der Größe Augsburgs ohne 50-Meter-Becken", kritisiert Bernd Zitzelsberger. Dass die schwäbische Metropole also ein Hallenbad mit einem solchen Becken braucht, darüber herrscht weitgehend Einigkeit. Wie dieses Becken jedoch gebaut werden soll, darüber gibt es eine große Debatte in Augsburg.

23 Vereine, auch aus dem Umland, haben sich in einer Arbeitsgemeinschaft um Sprecher Zitzelsberger zusammengeschlossen, darunter Wasserwacht und die Wasserretter von der DLRG, um ihre Forderung durchzusetzen - in letzter Konsequenz drohen sie sogar mit einem Bürgerbegehren.

Vor zehn Jahren musste das Augsburger Sportbad mit einem 50-Meter-Becken geschlossen werden. Es war Jahrzehnte alt, noch von den US-Amerikanern nach dem Zweiten Weltkrieg gebaut - am Ende war es undicht, Wasser sickerte raus. Für Sanierungen war nie das Geld da. "Seit den Achtzigerjahren haben wir 60 000 Einwohner mehr in Augsburg", sagt der Sprecher der Arbeitsgemeinschaft. "Aber kein weiteres Bad." Im Gegenteil, immer mehr Wasserfläche an verschiedenen Standorten sei weggefallen. Das wirkt sich auch überregional aus: Laut den Sportvereinen ist Schwaben der einzige bayerische Regierungsbezirk, in dem es kein 50-Meter-Hallenbad gibt. Dabei sei gerade in Augsburg der Schwimmsport mit 6000 Mitgliedern die zweitgrößte Sportart.

Die Stadt hat ein Planungsbüro beauftragt, das herausfinden sollte, wie die Bestandsbäder modernisiert und gleichzeitig mehr Wasserfläche geschaffen werden können. Dabei sind mehrere Varianten entstanden: Der Neubau eines zentralen Sport- und Freizeitbads etwa, mit Sanierung der bestehenden Bäder, wäre laut Stadt mit knapp 90 Millionen Euro sehr teuer.

Also favorisiert die Stadtverwaltung um Sportreferent Dirk Wurm (SPD) eine dritte Variante: Demnach würde eines der bestehenden Hallenbäder zu einem wettkampftauglichen Sportbad mit 50-Meter-Becken umgebaut - wahrscheinlich das sogenannte Spickelbad. In einem zweiten Schritt soll an einem bestehenden Hallenbadstandort ein Freizeitbad mit Rutschen und Wellnessbereich errichtet werden - das Paket würde 66 Millionen Euro kosten.

Die Sportvereine kritisieren die Machbarkeitsstudie. Sie wollen möglichst schnell den Neubau einer Halle mit 50-Meter-Becken und guten Trainingsbedingungen und erst dann die Sanierungen der bestehenden Bäder - und stellen in Frage, ob es ein Spaßbad mit Rutschen und Wellnessbereich überhaupt braucht. Mit Sanierung und gleichzeitigem Neubau, befürchten sie, wäre für drei bis fünf Jahre noch mehr Wasserfläche gesperrt.

Der Streit ums Hallenbad ist inzwischen Wahlkampfthema

"Wir haben 1300 Schulklassen in Augsburg, dann wäre die Situation einfach nicht mehr darstellbar", klagt Zitzelsberger. Baue man stattdessen zuerst eine neue Halle an einem zentralen Standort sei allen geholfen: Sportvereinen, aber auch Schulen. Ein solcher Neubau kostet etwa 25 Millionen Euro - sofern man ein neues Freizeitbad aus den Plänen streicht. Sanierungen kosten dann aber immer noch etwa 30 Millionen Euro. Von den Kosten für einen Neubau würde der Freistaat laut Zitzelsberger mindestens zwölf Millionen Euro übernehmen.

Die Arbeitsgemeinschaft hat prominente Fürsprecher: Der Allgäuer Alfons Hörmann, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbunds, wirbt genauso dafür wie der Bayerische Landes-Sportverband und Vertreter des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands. Augsburgs Oberbürgermeister Kurt Gribl hat den Sportvereinen versichert, dass es ein neues Hallenbad geben werde, solange die finanziellen Rahmenbedingungen stimmen. Und genau hier liegt der Knackpunkt.

Im Sportausschuss am Montag rechneten einige Stadträte vor, dass Augsburg ohnehin mit dem Geld haushalten müsse und etwa Schulsanierungen notwendiger seien als ein neues Bad. Im Übrigen werde ein neues Familien- und Freizeitbad von der Bevölkerung gewünscht, das zeigten die Statistiken. "Da sprechen wir von 500 000 Besuchern pro Jahr", sagte Sportreferent Wurm. Wenn Augsburg so viel Geld habe, dass es ein neues Bad bauen und die alten sanieren könne, habe die Sportverwaltung sicher nichts dagegen. Ein neues Bad sei aber vor allem im Bestand extrem teuer.

Der Streit ums Hallenbad ist inzwischen Wahlkampfthema geworden in Augsburg: Zitzelsberger will nächstes Jahr für die CSU und den Stadtrat, Wurm ist SPD-Oberbürgermeisterkandidat. Der Sprecher der Sportvereine zeigt sich dennoch optimistisch, dass sich eine für alle akzeptable Lösung finden lässt. Bis Ende des Jahres soll eine Entscheidung fallen. Er stellte aber auch klar: Falls die Stadt Sanierungen oder einem Freizeitbad Vorrang gibt, kann sich die Arbeitsgemeinschaft ein Bürgerbegehren durchaus vorstellen.

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SZ vom 08.10.2019
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