Süddeutsche Zeitung

Hubert Aiwanger:Die Bekenntnisse des Nils Fiete Hansen

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Wer schon immer glaubte, der stellvertretende bayerische Ministerpräsident sei ein ganz anderer, der darf sich jetzt bestätigt fühlen.

Glosse von Roman Deininger

München, 5. November. Im Landtag weitet sich die "Fischkopp-Affäre" um Hubert Aiwanger weiter aus. Der stellvertretende Ministerpräsident und Freie-Wähler-Chef gab am Freitag zu, sich vor knapp zwanzig Jahren mit einer Tarnidentität in die bayerische Politik eingeschlichen zu haben. Aiwangers tatsächlicher Name ist demnach Nils Fiete Hansen. Er stammt auch nicht wie bisher angenommen aus dem niederbayerischen Rahstorf , sondern aus Quickborn bei Hamburg. "Ich entschuldige mich bei allen, die sich jetzt getäuscht fühlen", sagte Aiwanger. "Aber als Nils Fiete wirst du in Rottenburg halt nicht gewählt. Nicht mal in Landshut." Er habe sich oft "Sprüche anhören müssen, da bleibt dir die Spucke weg". Hansen warnte vor einer "Apartheidsdiskussion auf dem Rücken von uns Norddeutschen".

Nach Erkenntnissen des Rechercheverbunds von Ippen Investigativ und Bild-Zeitung hat Aiwanger als Nils Fiete Hansen nach dem Abitur eine Ausbildung zum Fischereitechniker in einem Zuchtbetrieb für Meeresfrüchte in Büsum absolviert. Anschließend arbeitete er mehrere Jahre als Eisbär-Pfleger im Zoo Bremerhaven. Der überraschende Erfolg seines Romandebüts "Wasserleiche im Dünengras" und weiterer Sylt-Krimis erlaubte ihm dann Mitte der Neunzigerjahre eine radikale berufliche Neuorientierung. Er begann ein Masterstudium in Bavarian Studies an der Universität Oxford.

Mit einem Hochbegabtenstipendium der Hanns-Seidel-Stiftung kam er schließlich in den Freistaat, um im Rahmen eines zweijährigen Forschungsaufenthalts für seine Dissertation über "Oberpfälzische Sprachinseln in Niederbayern" zu recherchieren. "Er ist einer der brillantesten Linguisten, die wir je in Oxford hatten", heißt es in seinem Abschlusszeugnis. "Zu bemängeln ist allenfalls eine anhaltende Apf-Opf-Schwäche."

Aiwangers Identitätstausch war aufgeflogen, als ihn eine Seniorenreisegruppe aus Freyung-Grafenau auf dem Cuxhavener Fischmarkt erkannte, wo er an einer mobilen Impfstation für eine Booster-Impfung anstand. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) erteilte am Freitag Rufen nach einem Ende der schwarz-orangen Koalition eine klare Absage: "Ich arbeite mit Herrn Dr. Hansen sehr vertrauensvoll zusammen", so Söder. Auch Hansen selbst wies Rücktrittsforderungen zurück: "Sturm ist bei uns im Norden erst, wenn die Schafe keine Locken mehr haben."

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