Süddeutsche Zeitung

Kommunalwahl:In Augsburg gibt es erstmals eine schwarz-grüne Stadtregierung

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Von Florian Fuchs, Augsburg

Das Aus der SPD in der Augsburger Stadtregierung hat Fraktionschef Florian Freund am Samstagabend lyrisch verarbeitet: Seine Partei, schreibt er da bei Facebook, wäre bereit gewesen, weiterhin Verantwortung zu tragen. Doch nun komme es anders. "Geschwächt von Zeit und von dem Schicksal", zitiert Freund aus dem Gedicht "Ulysses" von Alfred Lord Tennyson. Deutlich prosaischer klang die Pressemeldung von CSU und Grünen, in der sie ihre Zusammenarbeit ohne SPD ankündigen: Beide Parteivorstände heben vor allem auf den Wählerwillen ab, der CSU und Grüne den Auftrag zur Verantwortung in Augsburg übertragen habe - und eben nicht der SPD mit ihren Verlusten.

Tatsächlich haben CSU mit 32,2 Prozent und Grüne mit 23,4 Prozent bei der Stadtratswahl mit Abstand die meisten Stimmen erhalten, gemeinsam verfügen sie künftig im Stadtrat über 35 Stimmen. "Das ist eine breite Mehrheit", sagt die künftige Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU). Die SPD verlor 8,1 Prozentpunkte und stellt mit 14,3 Prozent nur noch neun Stadträte. Augsburgs erste schwarz-grüne Stadtregierung kommt daher nicht überraschend: Das Bündnis zeichnete sich spätestens an den beiden Wahlabenden ab. Vertreter beider Parteien ließen da schon durchblicken, dass bei einer Kooperation die SPD nicht unbedingt mehr eine Rolle spielen müsse. Bislang regierten CSU und SPD, die Grünen stellten als loser Kooperationspartner den Umweltreferenten. Die CSU muss das Verhandlungsergebnis vom Freitag noch im Bezirksvorstand bestätigen, die Grünen befragen ihre Mitglieder.

In Augsburg kündigt sich damit an, was bis zum Amtswechsel im Mai noch in einigen bayerischen Städten passieren könnte: Die Grünen haben in zahlreichen Kommunen stark abgeschnitten, auch wenn sie kaum Bürgermeisterämter erobern konnten. Weitere schwarz-grüne Bündnisse sind möglich. Die künftige Augsburger Oberbürgermeisterin erwartet sich von dem Bündnis für die nächsten sechs Jahre "gerade im ökologischen Bereich gute Projekte". Eva Weber hatte in ihrem - wie sie sagt - "nicht-typischen CSU-Wahlprogramm" einen Schwerpunkt auf ökologische Themen gelegt. Auch beim Streit um die Kosten der Sanierung des Staatstheaters, ein in der Stadt ausdauernd diskutiertes Projekt, sind sich CSU und Grüne näher als beide der SPD.

"Wir hatten gute Sondierungsgespräche", sagt auch die grüne OB-Kandidatin Martina Wild, die wohl den Posten der Bildungsreferentin für sich beanspruchen und Zweite Bürgermeisterin wird. Eva Weber hat stets betont, Führung anders zu interpretieren als ihr Ziehvater Kurt Gribl, der Anfang Mai als Oberbürgermeister abtritt. Auch deshalb war aus ihrer Sicht eine Koalition mit den Grünen logisch: Vorwürfe nach einem allzu breiten Bündnis, das Gegenmeinungen keinen Raum lässt, wird sie sich nun nicht aussetzen müssen. Am Montag kündigte Weber auch an, dass etwa Mandate in städtischen Unternehmen nicht mehr nur durch die Regierungsparteien besetzt werden. Das wird SPD-Führungsleute wie Freund trotzdem erst einmal nicht besänftigen, der sich am Montag enttäuscht äußerte. "Ich verstehe diese Entscheidung nicht", betonte er. Eine konstruktive Mitarbeit im künftigen Stadtrat kündigte er dennoch an.

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SZ vom 14.04.2020
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