Süddeutsche Zeitung

Aufregung im G-7-Ort Elmau:Landrat sagt Nein zur Riesensause

Lesezeit: 3 min

Von Heiner Effern, Elmau

Obwohl Barack Obama für Elmau noch gar nicht gebucht ist, steht auf seinem Hubschrauberlandeplatz schon eine große Bühne. Oder jedenfalls ein riesiges Zelt, das mit einem entsprechenden Vorbau genau danach aussieht. 25 Meter hoch, ebenso breit und 50 Meter lang. Die Lkw mit den Aufbauten sehen davor aus wie Matchbox-Autos. Angesichts dieser Dimension rauschen Gerüchte durchs Werdenfelser Land, dass die nahe Höllentalklamm als still plätscherndes Gewässer durchgehen könnte: Ein russischer Oligarch feiere seinen 50. Geburtstag, wird getuschelt. Dafür habe er die Band Rammstein oder Lenny Kravitz engagiert, wahlweise auch beide. Max Raabe komme aber ganz sicher. Ein andermal ist es die Frau des Oligarchen, die feiert. Mal sind es 2000 Gäste, dann wieder 200.

Ob die Party, die wohl am kommenden Wochenende steigen sollte, jemals stattfindet, ist allerdings ungewiss. Das Landratsamt Garmisch-Partenkirchen hat am Montagnachmittag den Bau in Elmau mit sofortiger Wirkung eingestellt. Es gebe keine Erlaubnis für die Feier im Landschaftsschutzgebiet, sagte ein Sprecher. Zudem fehle die nötige Anzeige beim Bauamt. Die Arbeiter hätten selbst nicht so genau gewusst, wessen Party sie eigentlich vorbereiten würden, sagt der Sprecher. Vom Stopp aller Arbeiten seien sie "mäßig überrascht" gewesen. Dass ein russischer Name hinter der Feier stehe, bestätigt niemand offiziell. Es bestreitet aber auch niemand.

Der Landeplatz gehört den Staatsforsten

Die fehlenden Genehmigungen sind aber nicht das einzige Problem der pompösen Feier. Es gibt auch keinen Mietvertrag für das Grundstück. Der Hubschrauberlandeplatz nur wenige Meter vom Tagungshotel des G-7-Gipfels entfernt gehört den Bayerischen Staatsforsten. Der verantwortliche Leiter des Betriebs in Bad Tölz, Rudolf Plochmann, sagt: "Wir haben keinen Vertrag abgeschlossen. Ich bin genauso überrascht wie Sie."

Bisher liegt den Staatsforsten eine unverbindliche Anfrage für eine private Geburtstagsfeier vor. "Da hatten wir noch offene Fragen. Menschen haben ja offenbar unterschiedliche Vorstellungen von Geburtstagsfeiern." Was man für die Vermietung des Hubschrauberlandeplatzes verlangen würde, wisse er nicht, sagt Plochmann. Das hänge von der Veranstaltung ab. Und über die wisse man kaum etwas. Vom Auftritt einer Musikgruppe sei in der Anfrage jedenfalls nichts gestanden. Im Übrigen müsse nun das Landratsamt als zuständige Genehmigungsbehörde eine Entscheidung treffen.

"Niemand wird belästigt, trotzdem finden es einige schlimm"

Wer natürlich Bescheid weiß, aber mit seinen Informationen extrem sparsam umgeht, ist Dietmar Müller-Elmau. Ihm gehört das benachbarte Hotel, in dem der Gipfel stattfinden wird, und auch sonst einiges im Tal. Müller-Elmau kann die Aufregung nicht verstehen: "Da feiert ein seriöser Privatmann, der Freunde aus der ganzen Welt eingeladen hat. Niemand wird belästigt, trotzdem finden es einige schon wieder ganz schlimm." Die Tendenz, immer sofort Probleme zu sehen, sei in der Region sehr ausgeprägt. "Wenn wir keine Gastfreundschaft zeigen, dann feiern die Menschen halt anderswo, zum Beispiel in Kitzbühel." Müller-Elmau spricht von etwa 200 Gästen. Wenn ein Trachtenverein ein Zelt für 2000 Besucher aufstelle, dann protestiere auch niemand, sagt der Hotelier. Einige Partygäste würden in seinem Hotel wohnen würden, das schon, aber er sei weder Veranstalter noch in die Ausrichtung geschäftlich eingebunden. Er kenne den "erfolgreichen Geschäftsmann aus Deutschland" als Gast und habe ihm lediglich den Parkplatz als möglichen Ort für die Feier gezeigt. Dass ein Musiker als Freund auftrete, das sei aber durchaus möglich, der Geschäftsmann habe eben Kontakte in die Branche.

Verantwortlich für die Party soll eine Agentur mit Sitz in Königsbrunn sein. Der verantwortliche Geschäftsführer sei unterwegs, man solle eine Mail schreiben, heißt es. Die bleibt ohne Reaktion. Beim erneuten Anruf am späten Nachmittag sagt die Dame, dass nur der Chef etwas sagen könne, doch der sei halt nicht da. Und dann legt sie ziemlich prompt und grußlos auf.

"Uns sind fast die Augen herausgefallen"

Umweltschützer wie Axel Doering, Kreisvorsitzender des Bundes Naturschutz in Garmisch-Partenkirchen, sind über das Zelt entsetzt. "Uns sind fast die Augen herausgefallen, als wir die Bühne gesehen haben", sagt Doering. Er nimmt dem umtriebigen Hotelier Müller-Elmau die Rolle des stillen und praktisch unbeteiligten Beraters nicht ab. "Wenn wir jetzt nicht einen Riesenwirbel machen, wird der Herr Müller-Elmau dort öfters was machen", fürchtet er. Wenn man den Parkplatz nach dem Gipfel vielleicht nur halb zurückbaue, bleibe plötzlich eine nette Event-Location fürs Hotel, mutmaßt Doering.

"Das ist eine Riesensauerei", sagt auch der SPD-Landtagsabgeordnete Florian von Brunn. Ministerpräsident Horst Seehofer und Innenminister Joachim Herrmann hätten mehrmals versprochen, mit der sensiblen Natur in Elmau äußerst sorgsam umzugehen. "Und jetzt hat man vor dem Gipfel den Eindruck: Alles ist erlaubt." Die G-7-Gegner wiederum ärgern sich, dass ein großes Zelt im Gegensatz zu vielen kleinen offensichtlich kein Problem bei der Genehmigung darstellt. "Wenn wir ein Camp für die Gegner machen wollen, wird so getan, als ob gleich ein Bürgerkrieg ausbreche", sagt ein Sprecher. Letzteres sei aber bei der Party in Elmau nicht zu befürchten, sagt Müller-Elmau. "Das sind ganz freundliche Leute."

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Quelle:
SZ vom 14.04.2015
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