Süddeutsche Zeitung

Landtag:AfD-Abgeordneter Josef Seidl tritt aus der Partei aus

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Der Grund für den Rückzug des Niederbayern sollen gesundheitliche Probleme sein. Mit dem Ausscheiden auch aus der Fraktion bekommen die internen Konflikte womöglich Auftrieb.

Von Johann Osel, München

Die AfD im Landtag schrumpft weiter, der niederbayerische Abgeordnete Josef Seidl ist aus der Partei ausgetreten und wird damit demnächst auch formal die Fraktion verlassen. Dies erfuhr die SZ übereinstimmend aus AfD-Kreisen. Demnach sollen gesundheitliche Gründe den Rückzug ausgelöst haben. Seidl selbst war am Dienstag nicht zu erreichen. Der 58-Jährige war gerade in jüngster Zeit, aber auch zuvor schon häufig krankheitsbedingt absent. Mit dem Ausscheiden des Heizungs- und Lüftungsbaumeisters aus dem Stimmkreis Dingolfing wird das AfD-interne Bündnis, das sich vor etwa zwei Monaten alle Posten des Fraktionsvorstands sicherte, einen Mitstreiter verlieren. Die AfD-Fraktion ist lange schon in zwei Lager gespalten.

Automatisch muss man mit dem Austritt aus der AfD auch die Fraktion verlassen. Der Vorstand will jetzt den Austritt in einer Sitzung zur Kenntnis nehmen, dann ergeht die offizielle Meldung an das Landtagsamt. Dort lag die Entscheidung am Dienstagmittag noch nicht vor, jedoch schon ein Antrag Seidls auf Änderung der Mailadresse. Ein Sprecher der Fraktion sagte auf Nachfrage, es handele sich um eine "persönliche Entscheidung". Der Vorstand werde diese nicht kommentieren, zumal nicht vor einer Äußerung des Abgeordneten selbst. Seidl gehört dem Bauausschuss an und arbeitet auch zur Energiepolitik, medial trat er seit 2018 kaum in Erscheinung. Er hatte bei Fraktionsgründung die damalige Chefin Katrin Ebner-Steiner unterstützt, war dann später aber zur bis vor Kurzem inneroppositionellen Gruppe gewechselt.

Es wird bereits der vierte Austritt aus der Fraktion seit Gründung sein, von den 22 AfD-Abgeordneten aus dem Jahr 2018 bleiben noch 18. Sehr früh waren Markus Plenk und Raimund Swoboda fraktionslos geworden, sie rügten politischen Richtungsstreit und "rechtsradikale" Tendenzen; Ende 2020 bei Ralph Müller waren es strategische und persönliche Differenzen, die aber mehr den Landesverband als die Fraktion betroffen haben sollen.

Die Rede ist von "null Aufregung"

Kein Richtungsstreit, keine Animositäten steckten bei Seidl dahinter, ist nun zu hören: "Es ist nix vorgefallen." Vielmehr deute der Rückzug auf eine "Notmaßnahme zum Selbstschutz" hin. Sepp Seidl neigt angeblich dazu, sich "fürchterlich aufzuregen", über den politischen Gegner, auch mal über die eigenen Leute. Auch soll er, zur Vermeidung von Aufregung, längst interne Chats verlassen haben. Die Rede ist von "null Aufregung", die sich ärztlich empfehle. Konflikte hatte Seidl zuletzt eher im niederbayerischen Bezirksverband auszutragen, der in der AfD manchen als "Hexenkessel" gilt. Hier sehen manche Beobachter auch einen "Entfremdungsprozess" Seidls mit der AfD, als Grund neben der Gesundheit. Warum Seidl sein Mandat nicht aufgibt, blieb unklar. Bei den früheren Austritten hatten dies viele gefordert, da die Ausscheider nur über das AfD-Ticket im Landtag säßen. Bei Seidl könnte es relevant sein, dass der Nachrücker auf der Liste dem Lager des völkischen "Flügels" zugerechnet wird.

In der Fraktion verfügt die Führung um die neuen Vorsitzenden Christian Klingen und Ulrich Singer dann über zehn Leute, das Gegenlager um die abgewählten Ebner-Steiner und Ingo Hahn über acht. Die Blöcke stehen trotz des Machtwechsels, nach außen hin wurden aber zuletzt keine Konflikte ausgetragen. Die Abgewählten stimmen manchmal mit der Mehrheit, manchmal testen sie die Geschlossenheit der anderen aus. Für einen Umsturz wäre eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig. In alltäglichen Abstimmungen könnte sich Seidls Abschied aber bemerkbar machen. Wenn im Mehrheitslager jemand krankheitsbedingt oder womöglich aus Unmut über die Corona-Regeln im Landtag fehlt, wäre man schnell beim Patt. Denkbar ist durchaus, dass dieser Spielraum genutzt wird.

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