Süddeutsche Zeitung

Renault Laguna:Mit einer kleinen Prise Extravaganz

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Mit einer zarten Überarbeitung des Laguna will Renault neue Fans gewinnen. Ein schwieriges Unterfangen in der Mittelklasse, wo die Konkurrenz zahlreich ist und die Käufer immer mehr zu kleineren Autos abwandern. Kann der Franzose mit frischem Charme wieder überzeugen?

Markus Mechnich

Einst war die Mittelklasse eine Domäne französischer Autobauer. Man erinnere sich noch an erfolgreiche Modelle wie den 504 von Peugeot, die DS von Citroën, die "Göttin" oder den Renault 12, beziehungsweise den Nachfolger R18. Diese Autos waren etablierte Modelle mit festem Kundenstamm.

Heute spielen Renault, Peugeot und Citroën, zumindest auf dem deutschen Markt, höchstens noch eine Nebenrolle. Besonders schwer tat sich in jüngster Zeit der Renault Laguna. Der französische Mittelständler muss sich gegen die neu aufgelegte Konkurrenz in Form eines Opel Insignia oder eines Ford Mondeo verteidigen. Hinzu kommt seit diesem Frühjahr auch noch aus der eigenen Heimat der 508 von Peugeot.

Viel Feind, viel Ehr'? Eher weniger, denn im vergangenen Jahr schaffte es der Laguna in Deutschland auf nicht mal mehr 5000 Zulassungen. Ein dezentes Facelift zeigte Renault im letzten Herbst auf dem Pariser Autosalon. Diese Überarbeitung stand aber im Schatten des neuen Spitzenmodells Latitude und den gefühlten 30 Elektrofahrzeugen, die der französische Hersteller bei seinem Heimspiel an der Seine den Besuchern des Autosalons zeigte.

Dabei ist der Laguna ganz konkret beim Händler zu haben. Sein größerer Bruder, der Latitude, hingegen gibt es nur als Leasing-Fahrzeug und die ganzen schicken Elektroautos sucht man im Autohaus bisher noch vergebens. Ob das behutsame Facelift allerdings ausreicht, um den Laguna fit für den zweiten Lebenszyklus zu machen?

Zunächst stellt sich die Frage: Was ist denn wirklich neu? Die Unterschiede zum Vorgänger werden wohl nur Kennern auffallen. Die Frontpartie hat größere Lufteinlasse bekommen, die gleichzeitig deutlich tiefer sitzen und dem Wagen so eine Art Staubsaugeroptik verleihen: gut für den dynamischen Gesamteindruck, der auch am Heck durch neue Leuchten unterstützt wird. Beim Aussehen hat der Laguna also zugelegt: Sein Äußeres wurde sportlicher.

Also nichts wie hinein in den Franzosen. Da kommt allerdings etwas Ernüchterung auf, denn man findet zwar viel Bekanntes, aber nur wenig Neues. Das Interieur zeigt viel Mégane und hebt sich nur wenig vom kleineren Bruder ab. Das ist zwar nicht ganz verkehrt, denn die Verarbeitung ist tadellos und die Materialien sind in Ordnung - aber etwas mehr Eigenständigkeit wäre schön gewesen.

Negativ fällt aber das sehr kleine Display des Navigationssystems auf, das zudem auch noch verhältnismäßig weit weg vom Cockpit platziert ist. Dafür geht die Bedienung mit dem auf der Mittelkonsole platzierten Drehknopf leicht von der Hand. Auch sonst lässt sich in der Praxis an der Bedienung wenig aussetzen.

Dass Komfort immer noch eine Tugend bei französischen Automobilen ist, lässt sich an den Sitzen feststellen. Breit und bequem sind die und laden zur gemütlichen Langstreckenfahrt geradezu ein. Dafür fehlt es ihnen etwas an Seitenführung, was sich auf den ersten Kilometern Stadtfahrt gleich bemerkbar macht. Denn mit seiner aktiven Lenkung - bis 60 km/h lenken die Hinterräder mit - geht es mit dem Laguna recht flott um die Ecken.

Diese Technik, bei Renault "4Control" genannt, kostet zwar 1300 Euro extra. Aber sie bringt ein spürbares Plus an Präzision. Der Wendekreis von 10,3 Metern - damit bewegt er sich auf Kleinwagenniveau - drückt das Ganze auch in Zahlen aus. Damit lässt sich der Renault fast wie ein Cityflitzer durch den Großstadtdschungel scheuchen. Bei der sportlicheren Variante GT ist die Allradlenkung sogar serienmäßig an Bord.

Etwas getrübt wird das Fahrerlebnis von der leicht schwammigen Zahnstangen-Servolenkung. Nicht unbedingt zeitgemäß, aber bis zu einer kompletten Neuauflage muss der Laguna damit auskommen. Dafür hält das recht weich ausgelegte Fahrwerk die meiste Unbill, die Straßen zu bieten haben, von uns fern.

So verliefen die ersten Testkilometer in Berlin durchaus angenehm. Vermisst wurde lediglich ein Start-Stopp-System, das Renault nicht im Angebot hat. Der Laguna ist zwar mit seinen 4,80 Metern Länge (Grandtour) ein großes Fahrzeug - für die meisten Parkplätze reicht es aber.

Den runden Formen in der Front und am Heck ist allerdings geschuldet, dass beim Rangieren Vorsicht geboten ist. Vorne und hinten ist das Ende des Autos nicht einsehbar. Die Einparkhilfe ist daher eine sinnvolle Investition. Auf Wunsch gibt es auch eine Rückfahrkamera.

In Sachen Nutzwert muss sich der Renault Laguna vor der Konkurrenz nicht verstecken. 508 Liter schluckt der Kombi, der traditionell Grandtour heißt. Bei umgelegter Rückbank werden es 1593 Liter. Damit ist er zwar nicht Klassenprimus, spielt aber im oberen Drittel mit.

Auch sonst zeigt sich der Franzose im Innenraum von seiner großzügigen Seite. Vorne geht es ohnehin freizügig zu und auch auf der Rückbank lässt sich das Motto "Savoir vivre" durchaus auch als Erwachsener umsetzen und die Soundanlage von Bose umsäuselt uns mit wohligen Klängen.

Die 400 Newtonmeter des zwei Liter großen Diesel agieren in der Stadt recht vielversprechend, für einen irgendwie gearteten Geschwindigkeitsrausch ist der Laguna aber nicht gemacht: Der turboaufgeladene Common-Rail-Selbstzünder mit seinen 178 PS zeigt sich zwar bis Tempo 160 sehr agil, dann aber baut der Wille zur Leistung merklich ab. Dafür glänzt er mit ökonomischen Reizen: 5,8 Liter stehen kombiniert in Datenheft und auch bei unseren Testfahrten mit einem Stadtanteil von rund 70 Prozent geht der Verbrauch von 8,1 Liter in Ordnung.

Eigentlich ist nicht wirklich zu verstehen, warum sich der Laguna bei uns nicht besser durchsetzen kann. Wobei wir einen Verdacht haben: Der Spitzendiesel ist erst ab 32.200 Euro zu haben, unser Testwagen mit der höchsten Ausstattungsstufe "Initiale" kommt gar auf einen Grundpreis von 36.400 Euro.

Das ist durchaus eine Ansage, selbst wenn die Liste der Sonderausstattungen dann bereits so gut wie leergefegt ist. Im Wesentlichen wäre da nur noch das empfehlenswerte Panorama-Glasschiebedach zu haben.

Viel Geld also. Und: Für diesen Preis bekommt man auch schon den einen oder anderen Konkurrenten mit ähnlich guter Ausstattung. Genau das ist das Problem des Laguna. Er ist ein sehr gutes Auto ohne nennenswerte Schwächen - aber eben kaum billiger als die Konkurrenz. Beim Image liegt er sogar ein gutes Stück hinter der Konkurrenz, vor allem der aus dem Premiumbereich.

Deshalb werden wohl viele beim kleinsten Diesel mit 110 PS zugreifen. Denn der kostet nur ab 24.400 Euro (als Kombi) und begnügt sich, laut Hersteller, im Schnitt gar mit 4,7 Litern im Schnitt. Stammkunden beim örtlichen Baumarkt, die gerne mal die 562 Kilo Zuladung ausreizen, werden da aber viel Geduld aufbringen müssen. Für einen vollgeladenen Laguna ist die zur Verfügung stehende Leistung dann wieder eher grenzwertig.

Als Fazit bleibt, dass das Facelift dem Laguna kaum zu neuen Höhenflügen verhelfen wird. Nach wie vor ist der Franzose ein ordentliches Auto mit vielen Vorteilen. Aber die Konkurrenz hat technisch stark aufgerüstet und so wirkt der Laguna selbst in der höchsten Ausstattungsvariante nicht mehr so richtig frisch.

Wer sich allerdings aufs Wesentliche beschränken kann und etwas französischen Flair um sich herum mag, der ist mit dem Laguna auf jeden Fall gut bedient. Nüchtern betrachtet wird er es aber auch in der neuen Auflage schwer haben.

Technische Daten: Renault Laguna Grandttour dCi 180 FAP: Vierzylinder-Reihenmotor; 131 kW / 178 PS; max. Drehmoment 400 Nm bei 2000 U/min; 0-100 km/h: 8,7 sec; Vmax: 217 km/h; Normverbrauch: 5,8 l; CO2: 152 g/km, Euro 5; Testverbrauch: 8,1 l; Leergewicht incl. Fahrer und Tank: 1505 kg; Preis: ab 32.200 Euro

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