Süddeutsche Zeitung

Umwelt:Wasser zurück ins Land

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Lange versuchte man in Deutschland vor allem, der Landschaft das Wasser zu entziehen. Das muss sich nun umdrehen. Auch dafür sind Renaturierungen so wichtig.

Kommentar von Tina Baier

In diesem heißen, trockenen Sommer, in dem sich Deutschland von einer Hitzewelle zur nächsten schleppt, dämmert vielen, dass Wasser keine Selbstverständlichkeit ist, sondern eine lebenswichtige Ressource, mindestens genauso wertvoll wie Gas oder Öl. Die Sonne galt den meisten Menschen im kühlen, oft verregneten Deutschland seit Generationen als Freund. Wasser eher als Feind.

Moore wurden mühevoll entwässert, um Flächen für die Landwirtschaft zu gewinnen. Flüsse wurden begradigt und gebändigt, um Menschen vor Überschwemmungen zu schützen. Das war in seiner Zeit ein großer Fortschritt. In Zeiten des Klimawandels wird es immer mehr zum Problem. Brennende Wälder, ausgetrocknete Felder und auch lange Schlangen an den in deutschen Städten noch raren Trinkwasserbrunnen zeigen, dass das Wasser zurück muss in die Landschaft.

Dass ausgerechnet die auch für den Wasserhaushalt wichtige Wiedervernässung der Moore aus dem Renaturierungsgesetz herausgenommen wurde, für das die EU-Parlamentarier vergangene Woche mit knapper Mehrheit gestimmt haben, ist deshalb unglücklich. Das Gesetz sieht vor, bis 2030 für mindestens 20 Prozent der Flächen und Meeresgebiete in der EU eine Renaturierung zu veranlassen: unter anderem sollen Wälder aufgeforstet, Städte begrünt und Seegraswiesen gepflanzt werden. Doch die Restaurierung der Moore, von denen in Deutschland 95 Prozent entwässert sind, ist nicht mehr explizit erwähnt - als Zugeständnis an die mächtige Bauernlobby, die befürchtet, Ackerfläche zu verlieren.

Das ist ein sehr hoher Preis dafür, dass das Gesetz von den Parlamentariern nicht als Ganzes abgelehnt wurde. Denn wiedervernässte Moore haben die wertvolle Fähigkeit, das Wasser viel länger in der Landschaft zu halten als im entwässerten Zustand. Auch den Grundwasserspiegel können sie wieder ansteigen lassen, sie kühlen die Landschaft und dienen als natürlicher Hochwasserschutz. Die Landwirte sollten es doch eigentlich am besten wissen: Ohne das Lebenselixier Wasser gedeiht auch auf dem größten Acker nichts.

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