Süddeutsche Zeitung

Wale:Das graue Sterben

An der amerikanischen Westküste werden derzeit etliche tote Grauwale angespült. Das hat womöglich mit der Erderwärmung zu tun.

Von allen Meeressäugern haben Grauwale die größte Ausdauer. Im Herbst schwimmen die bis zu 34 Tonnen schweren Säuger aus arktischen Gewässern vor Alaska bis an die mexikanische Küste. Im Frühling geht es, häufig in Sichtweite vor der amerikanischen Westküste, zurück in den Norden. Bis zu 20 000 Kilometer legt ein Tier jedes Jahr zurück, Rekord unter den Säugetieren. Doch gerade ist dieser Rhythmus massiv gestört, etliche Grauwale sterben auf ihrer langen Reise. Die US-amerikanische Ozean- und Klimabehörde NOAA zählte rund 70 tote Grauwale, die von Januar bis Ende Mai in den Bundesstaaten Kalifornien, Oregon, Washington und Alaska angespült wurden. Es handle sich um das größte Grauwal-Sterben seit dem Jahr 2000, als eine ähnliche Todesserie beobachtet wurde. Die tatsächliche Zahl verendeter Tiere dürfte weit höher liegen, denn nur wenige Wale werden an Land gespült. Die meisten sinken weiter von der Küste entfernt auf den Meeresgrund. Die Wissenschaftler der NOAA wollen jetzt untersuchen, was die Wale dezimiert. Im Verdacht steht die Erderwärmung, die sich in der Arktis besonders stark bemerkbar macht. Vor dem Aufbruch in den Süden frisst sich ein Grauwal eine tonnenschwere Fettschicht an, vor allem Flohkrebse und andere Kleintiere stehen auf dem Speiseplan. Die vergangenen Winter waren in der Arktis jedoch ungewöhnlich warm, die Ausdehnung des Meereises erreichte Negativrekorde. Eine Vermutung ist, dass dabei die Nahrungsketten durcheinandergeraten. Womöglich haben die Wale weniger Reserven und sterben aus Erschöpfung.

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Quelle:
SZ vom 05.06.2019 / CVEI
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