Süddeutsche Zeitung

Verhaltensbiologie:Gähnend im Zentrum der Bonobo-Gesellschaft

Auch bei Zwergschimpansen wirkt Gähnen ansteckend. Weibchen bringen ihre Artgenossen besonders häufig zum Gähnen - und nicht etwa aus Langeweile.

Christian Weber

Gähnen wirkt auch bei Bonobos ansteckend, und zwar umso mehr, je näher sie sich als Verwandte oder Freunde stehen. Das folgern die Primatenforscher Elisabetta Palagi und Elisa Demuru von der Universität Pisa aus der Analyse von 1260 Gähnakte, die sie binnen drei Monaten im niederländischen Apenheul-Affenpark in einer zwölfköpfigen Kolonie dieser Zwergschimpansen beobachteten ( Plos One, online).

Demnach imitieren sich die Tiere besonders gerne in entspannten Situationen. Wenn aber ein ranghohes Tier gähnt, wird auch unter sozialem Stress nachgegähnt. Die Studie findet damit ähnliche Effekte, wie man sie von Menschen kennt, die sich ebenfalls leichter von nahestehenden Personen als von Fremden zum Gähnen anstecken lassen.

Eine Besonderheit bei den Bonobos war aber, dass erwachsene Weibchen besonders häufig zum Gähnen anstiften. Die Forscher werten dies als einen Hinweis darauf, dass die weiblichen Tiere "im Zentrum der Beziehungs- und Entscheidungsfindung der Bonobo-Gesellschaft stehen". Auf jeden Fall scheine das Gähnen für soziale Gruppen eine Methode zu sein, unbewusst zu kommunizieren und Handlungen zu koordinieren, wobei zusätzlich emotionale Nähe wichtig sei.

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Quelle:
SZ vom 15.11.2012
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