Süddeutsche Zeitung

Umweltverschmutzung:Nazi-U-Boot voller Gift soll versiegelt werden

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Von Sebastian Kirschner

Es klingt nach einem Tschernobyl unter Wasser, was Norwegens Volksvertreter planen: Eine riesige Abdeckung aus Sand und Beton soll das Wrack eines deutschen U-Boots versiegeln, das einst mehr als 60 Tonnen Quecksilber transportierte. Mit dem Sarkophag will die Regierung Meerestiere vor der giftigen Substanz schützen.

Im Februar 1945 hatten Briten das deutsche U-Boot torpediert und in zwei Teile gesprengt. Das Schiff befand sich damals auf dem Weg nach Japan, um technisches Know-how und strategisch wichtige Rohstoffe an Hitlers Verbündete zu liefern. Das in Japan seltene Quecksilber wurde dort dringend für die Waffenproduktion benötigt.

Seit der Havarie liegt U 864 in rund 150 Meter Tiefe vor der Insel Fedje an der Westküste Norwegens, nahe der Hafenstadt Bergen. Hinweise von Fischern hatten erst im Jahr 2003 die Marine auf das Wrack aufmerksam gemacht.

Fast fünf Hektar Meeresboden betroffen

Erkundungen mit Tauchrobotern ergaben 2005, dass der Meeresgrund um das Wrack weiträumig mit Quecksilber belastet ist. Rund 47 000 Quadratmeter Meeresboden müssten versiegelt werden, um weitere Kontamination zu verhindern.

Schon damals sahen erste Pläne einen schützenden Betonsarkophag vor, ähnlich dem, der jahrzehntelang den Reaktor in Tschernobyl einschloss. Spätere Empfehlungen sprachen sich für eine Abdeckung aus Sand und Geröll aus, die weniger schwer und starr wäre wie Beton.

Auch wenn der finale Beschluss des norwegischen Parlaments noch aussteht: Die Regierung will für die Abdeckung im kommenden Jahr umgerechnet etwa 3,5 Millionen Euro bereitstellen. Bis zu seinem geplanten Abschluss im Jahr 2020 werden für das Projekt bis zu 31,6 Millionen Euro veranschlagt.

Protest gegen den Sarkophag

Anwohner und Umweltorganisationen hingegen sind von den Plänen nicht überzeugt. Sie zweifeln, dass es ausreiche, das Wrack zu versiegeln. Im norwegischen Rundfunk forderten sie, U 864 zu bergen und das Quecksilber zu entfernen - eine Lösung, für die auch die vormaligen Oppositions- und jetzigen Regierungsparteien Høyre und Fremskrittspartiet plädiert hatten.

Inzwischen sind sie aber dafür, das Giftwrack an Ort und Stelle zu versiegeln. Damit folgen sie Untersuchungsergebnissen, die eine Bergung für zu gefährlich halten: Nach Aussagen des stellvertretenden Direktors der norwegischen Küstenschutzbehörde hätten Risikoanalysen gezeigt, dass eine Überdeckung die beste Maßnahme sei, um die Umwelt langfristig zu schützen.

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Quelle:
SZ vom 11.10.2018
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