Süddeutsche Zeitung

Umwelt:Landwirtschaft verursacht massenhaftes Tiersterben

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Die Bestände vieler Wirbeltierarten haben sich in den vergangenen 40 Jahren weltweit im Schnitt mehr als halbiert, jedes Jahr schrumpfen die Populationen um weitere zwei Prozent. Zu diesem Ergebnis kommt der "Living Planet Report" der Umweltorganisation WWF und der Zoologischen Gesellschaft London. Die biologische Vielfalt, erfasst durch den sogenannten "Living Planet Index", sei seit 1970 um 58 Prozent gesunken. Bis 2020 drohe ein Minus von 67 Prozent.

Für die Studie beobachten Forscher langfristig die Populationen von 3700 Wirbeltierarten, dazu zählen Säugetiere, Vögel, Fische, Amphibien und Reptilien. Zwei Drittel der untersuchten Bestände seien besorgniserregend geschrumpft. Besonders dramatisch sei der Rückgang demnach in Flüssen oder Seen: Die Populationen von Reptilien oder Fischen in Süßwasser schrumpften demnach zwischen 1970 und 2012 durchschnittlich um 81 Prozent. Bei den an Land lebenden Arten betrug der Rückgang mehr als ein Drittel.

An Land verschlechtere sich der Lebensraum rapide, beklagt der WWF - nicht nachhaltige Landwirtschaft, Verkehrsprojekte und das Heranwachsen neuer Siedlungen und Gewerbegebiete lassen den Tieren immer weniger Raum. In den Weltmeeren setzt vor allem die Überfischung den Arten zu. Aber auch der Klimawandel trägt bereits zum Verschwinden von Arten bei. Besonders im Meer zwingen höhere Temperaturen viele Tiere dazu, ihre ursprünglichen Verbreitungsgebiete zu verlassen.

Jede dritte heimische Art ist im Bestand gefährdet

Den Daten zufolge spielt sich das Massensterben nicht nur in entlegenen Weltregionen ab. Etwa jede dritte der 32 000 in Deutschland heimischen Tier-, Pflanzen- und Pilzarten sei in ihrem Bestand gefährdet, warnt der WWF. Rebhuhn und Kiebitz etwa gelten bereits als sehr selten. 5,6 Prozent der heimischen Arten sind bereits ausgestorben. Dafür macht der WWF vor allem eine zu intensive Landwirtschaft verantwortlich. So leidet die Biodiversität etwa unter dem Stickstoffüberschuss infolge des Einsatzes von Kunstdünger. Auch importiert der deutsche Agrarsektor besonders viel Soja aus Südamerika, um Fleisch zu erzeugen. Dafür wird im Ausland eine Anbaufläche von zwei Millionen Hektar gebraucht, das entspricht der Gesamtfläche von Rheinland-Pfalz oder Sachsen-Anhalt.

Die Naturschützer werfen der Bundesregierung vor, den Klimaschutz nicht mehr ernsthaft zu verfolgen. Bei der konkreten Umsetzung von internationalen Klimavereinbarungen gehe der deutschen Politik die Luft aus, sagt Christoph Heinrich vom WWF Deutschland. "Der Entwurf des Klimaschutzplans 2050 wird gerade bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt."

Wie der Bericht zeigt, verbraucht die Menschheit pro Jahr rechnerisch die Ressourcen von 1,6 Erden. Zum Beispiel wird mehr Holz in den Wäldern geschlagen als nachwachsen kann. Leben die Menschen weiter wie bisher, wären demnach im Jahr 2030 zwei Erden nötig, um den jährlichen Bedarf an Nahrung, Wasser und Energie zu decken.

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