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Schutz der Meeressäuger:Wal im Wärmebild

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Lärm schadet dem Orientierungssinn der Wale, deshalb müssen Schiffsbesatzungen darauf achten, ob solche Meeressäuger in der Nähe sind. Dabei könnte eine automatisierte Kamera helfen, die sogar Nachts arbeitet.

Von Christopher Schrader

Auf hoher See einem Wal zu begegnen, ist ein erhebendes Erlebnis. Meist sehen Besatzungsmitglieder oder Passagiere von Schiffen zuerst aus einiger Entfernung den Blas, wenn die Meeressäuger ausatmen und eine Wasserfontäne in die Höhe pusten.

Bisweilen bricht dann Hektik aus: Wale müssen vor großem Lärm im Wasser geschützt werden, weil der Schall womöglich ihrem Orientierungssinn schadet. Zieht ein Schiff etwa ein seismisches Messgerät hinter sich her, das intensive Schallpulse zum Meeresboden sendet und aus den Echos Aufschlüsse über mögliche Bodenschätze gewinnt, muss die Besatzung es unter Umständen abschalten.

Darum stehen auf der Brücke meist Beobachter, die den Horizont nach Blas absuchen. Ihnen entgeht manches: "Wer einmal für längere Zeit auf das Meer geschaut hat, der weiß, wie schnell die Augen müde werden", sagt Daniel Zitterbart vom Alfred-Wegener-Institut (AWI) in Bremerhaven.

Der Physiker hat darum mit Kollegen ein Messgerät entwickelt, das die Suche nach Walen automatisiert und auch nachts arbeitet. Es handelt sich um eine Wärmebild-Kamera, die im Krähennest auf dem Schiffsmast installiert wird und fünfmal pro Sekunde den ganzen Horizont fotografiert.

Eine Software sucht dann nach Pixeln auf den Fotos, in denen die Temperatur charakteristisch steigt und nach wenigen Sekunden wieder sinkt. Zitterbart und seine Kollegen haben den Apparat, der die Schiffsbewegung aktiv ausgleicht und so immer fünf Kilometer in alle Richtungen blickt, auf Expeditionen mit dem AWI-Schiff Polarstern erprobt, sowohl in der Arktis als auch im Südozean.

In der Zeit hat ihre Kamera etwa 4500 Mal Blas registriert, den Wale bei gut 300 Begegnungen mit dem Forschungsschiff ausgesprüht haben ( PlosOne, Bd. 8, e71217, 2013).

Im Vergleich zu trainierten menschlichen Beobachtern zeigte sich, dass der Automat mehr sieht. Die Leute auf der Brücke registrierten nur halb bis zwei Drittel so viele Wale wie die Wärmebildkamera - wenn sie überhaupt Dienst hatten. Gleichzeitig verpasste aber auch das Gerät einige der Meeressäuger, besonders, wenn viele kleine Eisschollen im Wasser schwammen.

Daher schwebt den Entwicklern vor, dass ihr System den Beobachter auf Wale aufmerksam macht. Sie wollen ihr Gerät zudem mit einer normalen Fotokamera koppeln, um die Tiere auf den Bildern identifizieren zu können.

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Quelle:
SZ vom 14.08.2013
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