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Ornithologie:Krähen sind Links- oder Rechtsschnabler

Wenn Krähen Werkzeuge verwenden, um Larven aus Baumritzen zu angeln, ragt dieses stets in die gleiche Richtung aus dem Schnabel. Ein Hinweis darauf, dass Krähen eine starke und schwache Körperseite haben.

Von Sebastian Herrmann

Die Krähen Neukaledoniens gelten als Heimwerker unter den Vögeln. Die Vögel angeln bevorzugt Maden und Larven aus Baumritzen. Und das funktioniert am besten, wenn sie Werkzeug benutzen. Das fertigen sich die Krähen zum Beispiel aus den Blättern sogenannter Schraubenbäume. Das Wissen von der beeindruckenden Geschicklichkeit der Krähen bereichern Zoologen um Alex Kacelnik von der Univerität Oxford nun um ein verblüffendes Detail: So, wie es unter Menschen Links- und Rechtshänder gibt, so existieren unter den Vögeln Links- und Rechtsschnabler ( Current Biology, Bd. 24, S. 11556, 2014).

Die Krähen stecken ihre Werkzeuge so in den Schnabel, dass sie diese stets zu einer Seite hin nutzen. Eine aus Draht oder einem Blatt gefertigte Madenangel hängt somit stets nach links oder rechts, während sie zur Futtersuche eingesetzt wird. Dahinter steckt die Dominanz eines Auges. Die Krähen verfügen über ein besonders weites Gesichtsfeld, und eines der beiden Augen sieht stets ein wenig besser als das andere. Das schlägt sich auch auf den Gebrauch des Werkzeugs nieder. "Stellen Sie sich vor, Sie hätten eine Zahnbürste im Mund und mit einem Auge könnten Sie deren Länge mit größerer Sicherheit einschätzen", erklärt Kacelnik. "Und genau das ist es, was die Krähen machen." Das Ergebnis wirkt auf den ersten Moment, als hätten die Tiere eine stärkere Schnabelseite. In gewisser Hinsicht verhält sich das auch so. Krähen können ihren Schnabel nicht bewegen, ohne den Kopf und damit Augen zu schwenken.

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Quelle:
SZ vom 05.12.2014
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