Süddeutsche Zeitung

Insekten:Forscher befürchten Mückenplage im Sommer

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Von Katrin Blawat

Die Mücke sticht den Menschen nicht zum Spaß. Sie braucht das Protein aus dem menschlichen Blut für ihre Eier. Bis zu 800 Eier legen manche Stechmücken in Deutschland während ihres etwa fünfwöchigen Lebens. Im Sommer 2017 wird die Nachwuchsgeneration, die daraus schlüpft, voraussichtlich besonders zahlreich sein. "Die Ampel für die Mücken steht auf Grün. Hält die derzeitige Witterung an, werden wir im Juli und August viele Mücken haben", sagt Doreen Walther vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung in Müncheberg.

In diesem Frühjahr gab es in Deutschland ungewöhnlich viele warme Tage mit vergleichbar viel Niederschlag. Das sind ideale Bedingungen für die Insekten. Allenfalls eine längere Trocken- oder Kälteperiode in den nächsten Wochen könnte den Mücken den Sommer noch vermiesen. Im Büro der Biologin wird sich bald wieder die Post häufen für den sogenannten Mückenatlas, eine Datenbank über das Vorkommen der Mückenarten. Aus dem ganzen Land schicken ihr Sammler Jahr für Jahr Exemplare. Daraus lässt sich ablesen, wie und wo sich neue und potenziell krankmachende Arten in Deutschland verbreiten.

Drei Typen von Mücken schwirren derzeit umher

Wenn mancherorts bereits von einer Mückenplage die Rede ist, liegt das auch daran, dass derzeit drei Typen der Stechinsekten zugleich herumschwirren. Dazu gehören die letzten Exemplare der aggressiven Frühjahrsmücken, deren Zeit Ende April beginnt. Gesellschaft bekommen sie bereits von den Hausmücken. Sie erreichen ihren Höchststand zwar erst im Juli und August, doch schon jetzt "haben wir massiv mit Hausmücken in Bayern, Nord- und Mitteldeutschland zu tun", sagt Walther. Und schließlich müssen sich Badegäste an Seen oder Flüssen gegen die Überschwemmungsmücken wehren. Sie legen ihre Eier in trockenen Gebieten ab, die bei steigendem Wasserspiegel geflutet werden.

Dass der Mensch den Mücken manchmal machtlos gegenübersteht, zeigte sich kürzlich am Ammersee: Ein Restaurant am Ufer musste wegen des Mückenansturms vorübergehend schließen. Mancher Besucher trug nach Angaben des Besitzers bis zu 40 Stiche davon. Was also kann man gegen die Plage tun? Experten raten zu Mückensprays, die den Wirkstoff DEET enthalten. Und auch wenn es bei der Hitze stören mag: Lange Hosen, lange Socken und langärmelige Hemden bieten zumindest ein bisschen Schutz.

Außer der Teilvermummung oder dem Rückzug ist auch Angriff eine Option. Ein Gift, das von einem Bakterium mit dem Namen Bacillus thuringiensis israelensis stammt, zerstört den Darm der Mückenlarven. "Im Moment sprühen wir es am Oberrhein", sagt Norbert Becker, wissenschaftlicher Direktor der Kommunalen Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage (Kabs). Becker und seine Mitarbeiter ziehen zu Fuß los oder versprühen das Gift aus dem Hubschrauber.

Die Kritik, durch das Gift würden auch andere Insekten vernichtet und Vögel ihrer natürlichen Nahrungsgrundlage beraubt, lässt Becker nicht gelten: "Das Gift ist mückenspezifisch." Vögel würden selten Stechmücken fressen, sondern vor allem Zuckmücken. Deren Brutgebiete würden beim Versprühen des Giftstoffes ausgespart.

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Quelle:
SZ vom 12.06.2017
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