Süddeutsche Zeitung

Infektionskrankheit:Malaria-Erreger manipulieren Moskitos

Lesezeit: 2 min

Wenn Stechmücken vom Malaria-Erreger befallen sind, werden sie stärker vom menschlichen Duft angezogen als nicht infizierte Mücken. Offenbar beeinflussen die Einzeller den Geruchssinn der Insekten.

Von Markus C. Schulte von Drach

Wissenschaftler stoßen auf immer mehr Parasiten, die das Verhalten ihrer Wirte verändern. Schmarotzer wie Würmer, Pilze, Viren oder Einzeller manipulieren vor allem Insekten, aber auch Fische, Mäuse und vielleicht sogar Menschen.

Besondere Bedeutung für den Menschen dürfte die Entdeckung eines internationalen Forscherteams aus den Niederlanden, den USA und Großbritannien haben: Plasmodium falciparum, der Erreger der Malaria, beeinflusst das Verhalten von Moskitos - und erhöht so offenbar das Risiko, dass auch Menschen infiziert werden.

Denn infizierte Moskitos lassen sich stärker vom menschlichen Schweißgeruch anlocken als Mücken, die von den Parasiten nicht befallen sind.

Für ihre Studie, die sie im Online-Fachjournal Plos one veröffentlicht haben, hatten die Wissenschaftler weibliche Mücken der Art Anopheles gambiae sensu stricto gezüchtet. Die Tiere wurden mit menschlichem Blut versorgt, und zwar solchem mit und ohne Malariaerregern. Danach wurden sie in Boxen gesetzt, in denen sich Nylonfetzen befanden. Diese stammten entweder von einer sauberen Strumpfhose oder von einer, die zuvor 20 Stunden lang getragen worden war.

Wie das Team um Renate C. Smallegange von der niederländischen Universität Wageningen feststellte, setzten sich zwar alle Mücken eher auf das Nylon, das menschlichen Geruch verströmte. Infizierte Moskitos taten es jedoch signifikant häufiger als solche ohne den Malaria-Erreger.

"Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass mit Malaria infizierte Weibchen stärker vom menschlichen Geruch angezogen werden als nicht infizierte Moskitos", schreiben die Forscher. "Das ist der erste Hinweis darauf, dass Anopheles gamibie s.s. ihre Reaktion auf menschlichen Geruch aufgrund einer Infektion mit P. falciparum verändert."

Bisher seien die meisten Studien an diesen Moskitos mit nicht infizierten Tieren vorgenommen worden. Ihre Daten, warnen die Wissenschaftler, würden demonstrieren, dass die Ergebnisse solcher Untersuchungen möglicherweise nicht repräsentativ für infizierte Mücken sind. Das könnte bedeuten, dass Überlegungen, wie sich die Malaria ausrotten ließe, einen wichtigen Faktor nicht berücksichtigt haben.

Dass der Malaria-Erreger das Verhalten von infizierten Stechmücken beeinflusst, war schon zuvor beobachtet worden. So saugen diese mehr und häufiger Blut als ihre nicht infizierten Artgenossen. Und Mücken der Art Aedes aegypti reagieren stärker auf den Geruch von Meerschweinchen, wenn sie mit dem Erreger Plasmodium gallinaceum infiziert sind, einem Malariaerreger, der vor allem Geflügel befällt.

Studien am Erreger der Nagetier-Malaria, Plasmodium berghei, hatten darüber hinaus gezeigt, dass die Einzeller wahrscheinlich einen Einfluss auf den Geruchssinn der Mücken haben - eine Erkenntnis, die zu den neuen Ergebnissen passt.

Womöglich führt die Infektion zu einem schärferen Geruchssinn, so dass die Insekten leichter eine Gelegenheit für das nächste Blutmahl aufspüren und die Parasiten schneller in einen neuen Wirt gelangen.

Mit weiteren Studien, so hoffen die Wissenschaftler, ließen sich vielleicht neue Lockmittel identifizieren, mit denen Programme zur Überwachung und Ausrottung der infizierten Moskitos verbessert werden könnten.

Moskitos der Art Anopheles gambiae s.s., die mit Plasmodium falciparum infiziert sind, lösen jährlich mehr als 200 Millionen Fälle von Malaria aus. Von den Betroffenen sterben jedes Jahr mehr als 770.000, vor allem Kinder.

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