Süddeutsche Zeitung

Forschungspolitik:Der neue Chefberater

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Von Patrick Illinger

Physik. Geologie. Chemie. Paläontologie. Ozeane. Gerald Haug weiß von all diesen Dingen so einiges. Das ist auf seinem Forschungsgebiet auch nötig: Wer das System Erde erforscht, das Klimageschehen über Tausende, ach was, Millionen Jahre hinweg, der muss sich auf komplexe Zusammenhänge einlassen. Komplex dürfte nun auch die künftige Aufgabe von Gerald Haug werden. Er wird 1600 gestandene, willens- und meinungsstarke Wissenschaftler als Präsident der Nationalakademie Leopoldina hinter sich vereinigen und nach außen vertreten.

An diesem Mittwoch hat der Senat der ältesten Wissenschaftsakademie Deutschlands den 51-jährigen Klimapaläontologen Haug einstimmig zum künftigen Präsidenten gewählt. Er wird von März des kommenden Jahres an die Nachfolge des Mikrobiologen Jörg Hacker antreten, der die Leopoldina seit 2010 anführt.

Die Leopoldina ist das wichtigste Beratungsorgan in Sachen Wissenschaft

Nach einigen Jahren als Professor in Potsdam sowie an der ETH in Zürich ist Haug seit 2015 Direktor am Mainzer Max-Planck-Institut für Chemie. Doch die große Forschungsorganisation muss nun auf seine Dienste und Erkenntnisse verzichten. Die Politik- und Bevölkerungsberatung als Akademiepräsident ist ein Vollzeitjob.

Seit die 1652 gegründete Leopoldina im Jahr 2008 zur Nationalen Akademie der Wissenschaften Deutschlands ernannt wurde, ist sie für die Politik und Bundeskanzlerin Merkel persönlich das wichtigste Beratungsorgan in Sachen Wissenschaft (sieht man von Merkels Ehemann, dem Chemiker Joachim Sauer, einmal ab).

Haug hat in seiner Zeit als Forscher verschiedenste Winkel des Globus erkundet. Mit nur 39 Jahren erhielt er den Leibniz-Preis, die angesehenste Auszeichnung für Forscher in Deutschland. Haugs Ansicht nach hatte der Niedergang von Hochkulturen wie den Maya und der chinesischen Tang-Dynastie auch mit Veränderungen der tropischen Niederschlagsmuster zu tun. Erkenntnisse wie diese gewann er zum Beispiel aus der Titankonzentration in den Sedimenten vor Venezuela.

Solches Wissen ist auch eine deutliche Warnung an die Zukunft: Das Klimageschehen hat im Laufe der Menschheitsgeschichte immer wieder das Schicksal großer Zivilisationen beeinflusst. Vor diesen Mechanismen wäre auch die Menschheit des 21. Jahrhunderts nicht gefeit.

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Quelle:
SZ vom 12.12.2019
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