Süddeutsche Zeitung

Ebola:Ausbruch im Kongo

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200 Menschenleben hat ein neuerlicher Ausbruch des hämorrhagischen Fiebers im Kongo gekostet. Und der Staatschef düpiert die WHO.

Von Isabel Pfaff

Mittlerweile sprechen die kongolesischen Behörden von einem Superlativ: Der Ebola-Ausbruch in dem Land ist nach Angaben des dortigen Gesundheitsministeriums der bislang schwerste. Seit der Entdeckung des Virus im Jahr 1976 ist die hochansteckende Krankheit nun zum zehnten Mal im Kongo ausgebrochen. Betroffen ist diesmal der Nordosten, die Provinzen Ituri und Nordkivu. Im Mai tauchten dort die ersten Fälle des oft tödlich endenden Fiebers auf, im August erklärte die Regierung die Fälle zu einem Ausbruch. 339 Erkrankungen zählt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) inzwischen, mehr als 200 Menschen haben nicht überlebt. Das kongolesische Gesundheitsministerium leitet zusammen mit der WHO die Maßnahmen gegen den Ausbruch, ausländische Hilfsorganisationen unterstützen die Regierung.

Wie kongolesische Gesundheitsbehörden im August mitteilten, handelt es sich bei dem Virus des aktuellen Ausbruchs um das "Zaire Ebola Virus". Der Erregerstamm gilt als der tödlichste. Es ist derselbe, der die Ebola-Epidemie in Westafrika auslöste, die zwischen 2014 und 2016 mehr als 11 000 Menschen das Leben kostete und als der schlimmste Ebola-Ausbruch der Geschichte gilt.

Oft müssen die Ebola-Teams ihre Arbeit unterbrechen, weil Kämpfe wieder aufflammen

Die aktuellen Zahlen reichen bisher nicht an das Ausmaß der Epidemie in Westafrika heran. Doch die Demokratische Republik Kongo - zweitgrößter Flächenstaat des Kontinents, knapp 90 Millionen Einwohner - zählt zu den marodesten Ländern Afrikas, mit einem dysfunktionalen Staatswesen, mehreren Konfliktherden und einer Bevölkerung, die zu mehr als 60 Prozent unterhalb der Armutsgrenze lebt. Der aktuelle Ebola-Ausbruch sucht ausgerechnet den Nordosten heim, jene rohstoffreiche Region, die seit den 1990er-Jahren unter Gewalt und Unsicherheit leidet. Eine unübersichtliche Zahl bewaffneter Milizen profitiert hier von einem Machtvakuum, sie finanzieren sich über Rohstoffschmuggel, teils mit Unterstützung der Nachbarstaaten Ruanda und Uganda. Ebola in einer solchen Region einzudämmen, ist eine Herkules-Aufgabe.

Die Bewohner des Ostkongo haben aufgrund des Staatszerfalls und der Sicherheitslage ohnehin nur bedingt Zugang zu medizinischer Versorgung. Um die Ausbreitung des Virus zu verhindern, ist aber nicht nur eine rasche Isolierung und Behandlung der Erkrankten nötig, sondern auch die Verfolgung und Überwachung aller möglichen Kontaktpersonen. Das ist unter den gegebenen Bedingungen anspruchsvoll - und gefährlich. Oft müssen die Ebola-Teams ihre lebenswichtige Arbeit für einige Tage unterbrechen, weil Kämpfe wieder aufflammen.

Vor Kurzem besuchten WHO-Direktor Tedros Adhanom Ghebreyesus sowie der Untergeneralsekretär der UN für Friedenseinsätze, Jean-Pierre Lacroix, den Kongo. Vom 5. bis 9. November trafen sie sich mit Vertretern von Regierung, Hilfsorganisationen und UN-Mitarbeitern. Der Ebola-Ausbruch inmitten eines Kriegsgebiets ist dabei die eine Sorge der Vereinten Nationen - die für Ende Dezember geplanten Wahlen die andere. Immer wieder hat die umstrittene Regierung von Präsident Joseph Kabila Wahlen verschoben; mittlerweile ist der Staatschef fast zwei Jahre länger im Amt als es laut Verfassung gestattet ist. Der Widerstand gegen ihn wächst. Die Wahlen gelten deshalb als wichtiger Schritt, um den Kongo aus seiner Misere zu holen. Gleichzeitig gefährden die Kämpfe im Osten und nun auch Ebola die Vorbereitungen. Es gäbe also einiges zu besprechen - doch Kabila verweigerte dem WHO-Chef und dem Generalsekretär eine Audienz. Die Sorgen der UN - sie scheinen mehr als berechtigt zu sein.

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Quelle:
SZ vom 16.11.2018
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