Süddeutsche Zeitung

Zugverkehr:Das Ruhrgebiet hängt die Bahn ab

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Analyse von Bernd Dörries, Düsseldorf

Der Rhein-Ruhr-Express soll alles schneller machen auf einer der dichtesten Pendlerstrecken des Landes. Und kommt doch mit mehr als zehn Jahren Verspätung. Eigentlich sollte schon zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006 der Metrorapid zwischen Dortmund und Düsseldorf durchs Ruhrgebiet rauschen. Viele Jahre und Pläne später haben sich die verschiedenen Verkehrsverbünde zwischen Köln, Dortmund und Aachen am Dienstag darauf geeinigt, in den kommenden Jahren mehrere Millionen Euro in das nach eignen Angaben größte Infrastrukturprojekt im europäischen Nahverkehr zu stecken. Es geht um 82 neue Züge und 15 Millionen Zugkilometer - den Multiplikator aus Zügen und zurückgelegter Strecke.

Alle 15 Minuten sollen zwischen Köln und Dortmund nun Rhein-Ruhr-Express-Züge (RRX) verkehren, dazu gibt es eine ganze Reihe Nebenlinien. Die Bahn bediente die Strecke bisher im Stundentakt, zu Stoßzeiten in völlig überfüllten Zügen. Was nicht nur an der Bahn lag, sondern auch daran, dass die Regionalverbände, in deren Auftrag die Züge fahren, eine Entscheidung über den Ausbau jahrelang verschleppten. Dafür hat man sich nun auf eine in Deutschland noch nicht alltägliche Lösung verständigt: Beim RRX bleibt die Bahn bei einer der größten Ausschreibungen im Regionalverkehr völlig außen vor. Die Züge wurden bereits bei Siemens bestellt, das Unternehmen übernimmt auch die Wartung der Waggons und Lokomotiven - was bisher ebenfalls von der Bahn erledigt wurde. Auch beim Betrieb kommt der Ex-Monopolist nicht mehr zum Zuge. Zwei Drittel der Linien werden vom britischen National Express organisiert, ein Drittel von Abellio, einer Tochter der niederländischen Staatsbahn.

Die Bahn fällt damit im bevölkerungsreichsten Bundesland im Nahverkehr unter einen Anteil von 50 Prozent. Dieser Anteil könnte noch weiter sinken. Die Verkehrsverbünde denken offenbar darüber nach, den S-Bahn-Betrieb nach ähnlichem Muster zu vergeben. Der Vertrag für den RRX läuft 15 Jahre, ab 2018 sollen die ersten neuen Züge fahren. Der größte Pendlerzug, der bisherige RE1 zwischen Aachen-Köln-Düsseldorf und Hamm, soll frühestens ab 2020 unterm neuen Namen RRX1 fahren. Außer in die neuen Doppelstockzüge wird auch in die teils maroden Gleise zwischen Köln und Düsseldorf investiert.

Bei der Bahn wird nach der Entscheidung der Verlust von etwa 750 Arbeitsplätzen befürchtet. "Bei der Vergabe der Strecken hat die Landesregierung die Bahn-Mitarbeiter hängen gelassen", sagte Heinrich Brüggemann, Chef von DB Regio. Über das neue Tariftreuegesetz hätte die Landesregierung die neuen Betreiber zur Übernahme der Bahner zwingen können. Auch Bahnchef Rüdiger Grube schrieb an Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) und warnte, die Ausschreibekriterien seien so gestaltet, dass alleine Personalkosten entscheidend seien. Da könne die Bahn nicht mithalten. Die neuen Betreiber sagen, Bewerbungen seien herzlich willkommen.

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Quelle:
SZ vom 17.06.2015
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