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Volkswagen:Abgasskandal: Chefaufklärerin verlässt VW

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Von Thomas Fromm und Max Hägler

Sie war erst vor einem guten Jahr zu VW gekommen. Nun gibt Rechtsvorstand Christine Hohmann-Dennhardt ihr Amt überraschend wieder auf. Hohmann-Dennhardt scheide zum 31. Januar aus dem Unternehmen aus, teilte Volkswagen am Donnerstag mit. Wegen unterschiedlicher Auffassungen über Verantwortlichkeiten und die künftigen Arbeitsstrukturen verlasse die frühere Verfassungsrichterin den Konzern "im gegenseitigen Einvernehmen".

Für den Konzern, der in den vergangenen Wochen Milliarden-Vergleiche in den USA ausgehandelt hatte, ist der Weggang der Juristin ein schwerer Rückschlag. Hohmann-Dennhardt, die schon bei Daimler geholfen hatte, einen Schmiergeldskandal aufzuarbeiten, galt wegen ihrer Erfahrungen mit US-Behörden als Idealbesetzung für die Aufklärung der Wolfsburger Dieselaffäre.

Allerdings zeichneten sich schon früh Konflikte mit Management und Betriebsrat bei VW ab: So scheiterte Hohmann-Dennhardt mit ihrem Wunsch, den US-Juristen und Ex-FBI-Chef Louis Freeh als Berater nach Wolfsburg zu holen. Zuletzt, heißt es, habe die 66-Jährige im Dauerclinch mit dem Chefjuristen Manfred Döss gelegen. Der frühere Konzernjurist der VW-Tochter Porsche gilt als Mann der VW-Eigentümerfamilien Porsche und Piêch.

Der Abgasskandal ist längst nicht aufgeklärt

Aus Konzernkreisen heißt es nun, die scheidende Juristin wolle ihren "guten Namen" nicht länger dafür hergeben, dass VW bei der Aufklärung auf halbem Wege stehen bleibe. Der Autokonzern will die Affäre nach Straf- und Schadensersatzzahlungen in den USA in Höhe von mehr als 20 Milliarden Dollar offenbar nun zu den Akten legen. Dabei ist der Abgasskandal längst noch nicht aufgeklärt. Der Konzern hatte zuletzt in den USA verschiedene Vergleiche ausgehandelt, die ihn viele Milliarden kosten. VW hat aber bei weitem noch nicht alle Rechtsstreitigkeiten im Dieselskandal beigelegt.

Eine zentrale Frage ist bislang unbeantwortet: Wieviel wusste der frühere Vorstand um Ex-Chef Martin Winterkorn von den weltweiten Manipulationen? Davon hängt ab, ob Aktionäre Schadenersatz in Milliardenhöhe für die Kursverluste ihrer Papiere verlangen können. Der Automobilkonzern und seine Haupteigentümer, die Familien Porsche und Piëch, wollen das unter allen Umständen vermeiden. Ein solches Szenario könnte für Volkswagen weitere Milliardenstrafen nach sich ziehen.

Mit der bisherigen Chefin der Revision, Hiltrud Werner, hat Volkswagen bereits eine Nachfolgerin für Hohmann-Dennhardt ernannt. Aber man darf davon ausgehen, dass sie nicht stärker agieren wird als die ehemalige Verfassungsrichterin - mehr Selbstbewusstsein als diese Frau dürfte kaum jemand haben. Und selbst das reichte nicht.

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