Süddeutsche Zeitung

Versicherungen:Millionen Generali-Kunden sind bald nicht mehr bei der Generali

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Von Herbert Fromme, Köln

Die vier Millionen Kunden der Generali Lebensversicherung in München haben demnächst wohl einen neuen Vertragspartner für ihre Altersversorgung: Statt in Triest sitzt er in London. Der bisherige Eigner, der italienische Generali-Konzern, ist sich nach SZ-Informationen mit dem Abwicklungsspezialisten Viridium in Neu-Isenburg im Grundsatz einig geworden.

Viridium soll den Lebensversicherer, der kein Neugeschäft mehr akzeptiert, übernehmen und abwickeln. Der Käufer gehört zu 80 Prozent der britischen Investmentgruppe Cinven, zu 20 Prozent der Talanx-Tochter Hannover Rück.

Hoch umstrittenes Geschäft

Formal besiegelt ist noch nichts. Aktuell führen Cinven und Generali Gespräche mit der Finanzaufsicht Bafin über den geplanten Deal. Sie muss ihn genehmigen.

Der jetzt angebahnte sogenannte externe Run-off ist hoch umstritten. Wegen des starken politischen Gegenwinds wird die Generali wohl bis zu 20 Prozent an Generali Leben behalten, und das mit der Verantwortung gegenüber ihren Kunden begründen.

Das Unternehmen ist unter starkem Druck, sich von der Mehrheit der Gesellschaft zu trennen. Für sie muss die Gruppe hohe Summen an Eigenkapital vorhalten, während die Erträge sehr gering sind.

Die Generali Deutschland - immerhin der zweitgrößte Privatkundenversicherer im Land - arbeitet künftig vor allem mit ihrem Lebensversicherer Aachen Münchener in Aachen, der nach dem Verkauf und der Umbenennung der Generali Leben wahrscheinlich deren Namen annimmt.

Ihre eigenen Versicherungsvertreter hat die Generali bereits in die von der Familie Pohl kontrollierte Vertriebsorganisation Deutsche Vermögensberatung AG (DVAG) eingegliedert. An dem einflussreichen Vertrieb, der in der CDU exzellent verdrahtet ist, hält die Familie 60 Prozent, der italienische Versicherer 40 Prozent.

Für den Run-off-Markt in Deutschland könnte der Deal den lange erwarteten Durchbruch bringen. Bislang wickeln die drei Marktführer Viridium, Frankfurter Leben und Athene zusammen rund 1,7 Millionen Verträge ab. Mit der Generali Leben kämen 4,2 Millionen Verträge und 42 Milliarden Euro Kapitalanlagen hinzu. Cinven hat bislang 960 000 Verträge und würde den Bestand so verfünffachen.

Allerdings ist eine heftige politische Diskussion über den Vorgang sehr wahrscheinlich, möglicherweise auch Versuche, ihn per Gesetz zu stoppen.

Im vergangenen Jahr hatte die Munich Re-Tochter Ergo den milliardenschweren externen Run-off der Victoria Leben und weiterer Gesellschaften abgeblasen. Dazu dürften sowohl die als unzureichend empfundenen Angebote als auch der öffentliche Aufschrei beigetragen haben. Jetzt will Ergo zusammen mit IBM selbst im Run-off-Markt als Abwickler antreten und dafür Bestände von Dritten übernehmen.

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Quelle:
SZ vom 29.06.2018
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