Süddeutsche Zeitung

Mieterschutz:Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen soll erschwert werden

Lesezeit: 3 min

In vielen Städten ist es ein beliebtes Geschäftsmodell, ein Mietshaus zu kaufen, die Mieter loszuwerden und die Wohnungen gewinnbringend zu verkaufen. Damit soll nun Schluss sein - eigentlich.

Von Constanze von Bullion, Berlin, und Sebastian Krass, Berlin/München

Über Monate ging es hin und her. Mal wollte die Bundesregierung Mieter schützen und die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen bremsen. Dann wieder zuckte sie zurück, weil es Ärger gab. An diesem Mittwoch endlich sollte die Novelle des Baugesetzbuches ins Kabinett gehen. Allein - im letzten Moment wurde wieder gebremst. "Es besteht noch Abstimmungsbedarf", sagte ein Sprecher von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) am Dienstag. Es sei noch manches strittig.

"Gesetz zur Mobilisierung von Bauland" heißt die Reform, die Kommunen den Zugriff auf unbebaute Grundstücke erleichtern soll. Mal kommt der versprochene Wohnungsbau nicht voran, weil Eigentümer darauf spekulieren, ihr Grundstück in einigen Jahren mit höherem Gewinn verkaufen zu können. Mal scheitern Bauvorhaben an unübersichtlichen Vorschriften. Diese will die Bundesregierung vereinfachen, dabei bezahlbaren Wohnraum sichern und Kommunen mehr Handlungsfreiheit gewähren, theoretisch.

Mieter sollen vor Verdrängung geschützt werden

Der Gesetzentwurf aus Seehofers Bundesbauministerium sieht nun vor, das Grundstücks-Vorkaufsrecht von Städten und Gemeinden aus "Gründen des Wohls der Allgemeinheit" zu stärken, insbesondere bei sozialem Wohnungsbau. Aber auch Mieter sollen "vor Verdrängung" geschützt werden. Wo der Wohnungsmarkt angespannt ist, soll eine Genehmigung der Behörden eingeführt werden, damit Mietwohnungen nicht ohne Weiteres zu Eigentumswohnungen umgewandelt werden können.

In vielen Städten ist es ein beliebtes Geschäftsmodell von Immobilienunternehmern, ein Mietshaus zu kaufen, die Mieter loszuwerden oder mit einer Abfindung aus dem Mietvertrag zu befördern, dann das Haus zu sanieren und die Wohnungen gewinnbringend einzeln zu verkaufen. Immer wieder wurden Fälle bekannt, in denen die Investoren mit rücksichtslosen, teils kriminellen Methoden versuchten, Mieter zu vergraulen. Vorgesehen ist nun, dass die Bundesländer Gebiete mit "angespanntem Wohnungsmarkt" ausweisen können, in denen für eine Dauer von bis zu fünf Jahren die Umwandlung in Eigentumswohnungen untersagt werden kann. Etwa, weil die Mieten stark steigen oder nicht genug Neubauten erstellt werden können. Ausnahmen allerdings soll es geben, etwa wenn Eigentümer die Wohnung zur eigenen Nutzung an Angehörige verkaufen wollen oder es um einen Nachlass geht.

Immobilienverbände haben bereits gegen die sogenannte Umwandlungsbremse protestiert, die gern "Umwandlungsverbot" genannt wird. Auch aus einigen Ländern kam Widerstand. So warnten 49 Vertreter von Berliner Immobilienunternehmen in einem offenen Brief an Unionspolitiker, durch "immer neue Regulierungen" werde der Eigentumsmarkt "zu einer geschlossenen Gesellschaft verkommen". Außerdem sei man "in Sorge um die Altersvorsorge von Millionen Menschen", da der Erwerb von Wohneigentum, den die Bundesregierung eigentlich fördern wolle, immer schwerer werde. Die Bundesregierung müsse verhindern, dass bald "ausschließlich" Neubauwohnungen zum Verkauf stünden.

Städte wie München fänden die Regelung gut

Und Seehofer? Erhörte die Klagen, jedenfalls zunächst. In aller Stille strich sein Haus den Passus zur Umwandlungsbremse aus dem Entwurf. Aus Sicht der SPD war er vor der Immobilienlobby eingeknickt. Mit seiner Partei sei das nicht zu machen, ließ Finanzminister Olaf Scholz (SPD) wissen. Wenig später schrieb Seehofer die Passage also wieder ins Gesetz. Das wiederum rief Bundestagsabgeordnete der Union auf den Plan. Umwandlungen zu erschweren, sei schon im Ansatz falsch, warnte der rechtspolitische Sprecher Jan-Marco Luczak (CDU). Statt zu verhindern, dass mehr Eigentumswohnungen auf den Markt kämen, müsste es auch Menschen mit mittlerem Einkommen erleichtert werden, Wohneigentum zu erwerben. Schließlich wolle auch die Bundesregierung mehr Menschen zum Wohnungskauf als Alterssicherung ermutigen.

Bis zuletzt bearbeiteten Bauexperten der CDU und Mittelstandsvertreter Seehofer. Man suche nach einem Kompromiss, der Umwandlungen zwar begrenze, aber nicht verbiete, hieß es in der CDU. In München hingegen hoffte mancher, Seehofer möge standhaft bleiben und an der Umwandlungsbremse festhalten. "Ich begrüße das außerordentlich", sagte Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) der SZ, "und ich hoffe, dass das der Durchbruch ist für die Sicherung von mehr bezahlbarem Wohnraum in einer Stadt wie München."

München gehört zu den Städten mit den höchsten Wohnkosten Deutschlands. Die Miete für eine Altbauwohnung ist in den vergangenen zehn Jahren im Durchschnitt von 13 auf 18 Euro pro Quadratmeter gestiegen. Bei Verkauf können Investoren für eine sanierte Altbauwohnung in zentraler Münchner Lage 10 000 Euro pro Quadratmeter erzielen. Oberbürgermeister Reiter verlangt deshalb seit Jahren vom Bund die Gesetzesänderung für einen wirksamen Umwandlungsschutz.

Und auch in der SPD im Bundestag wird weiter für die Umwandlungsbremse gestritten. "Nach langen Blockaden unseres Koalitionspartners liegt nun endlich ein Kabinettsentwurf vor - mit wichtigen und erfreulichen Neuigkeiten für unsere Kommunen und Mieterinnen und Mieter", sagte Claudia Tausend, die für die SPD im Bauausschuss des Bundestags sitzt. Man werde in den weiteren parlamentarischen Beratungen auf dieser Version "bestehen und auf einen schnellen Abschluss drängen". Auch im Bundesjustizministerium gab man sich unbeirrt: Ein Gesetz ohne Umwandlungsbremse wäre "nicht hinnehmbar", sagte eine Sprecherin. Man gehe aber von einer Einigung aus.

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