Süddeutsche Zeitung

Luxusuhren:Made in Glashütte

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Seit Jahren kämpfen sächsische Uhrenhersteller für den Schutz ihrer Herkunftsbezeichnung. Diesen Freitag könnte es soweit sein: Der Bundesrat befasst sich mit der "Glashütte-Verordnung".

Von Michael Bauchmüller, Berlin

Glashütte, der Name begleitet Wolfgang Straub mittlerweile seit 30 Jahren. Damals erstritt der Münchner Anwalt das erste Urteil zu der Frage, wann "Glashütte" Glashütte ist und wann nicht. "Aber das jetzt", sagt er, "ist natürlich ein wunderbarer Abschluss."

Der 1600-Seelen-Ort im östlichen Erzgebirge ist seit fast zwei Jahrhunderten eine Perle deutscher Industriekultur. In den Tälern um Glashütte siedelten sich seinerzeit Uhrmacher an. Auch zu DDR-Zeiten war der Ort ein Zentrum der Uhrenindustrie. Und dann, nach der Wende, wurde der Name zum Inbegriff teurer, mit Liebe gefertigter Chronometer. Weshalb es auch immer wieder Versuche gab, den Namen "Glashütte" selbst auf die Zifferblätter von Uhren zu prägen, die eigentlich woanders herkamen. Doch damit dürfte nach diesem Freitag ein für alle Mal Schluss sein.

Denn der Bundesrat entscheidet über die so genannte "Glashütte-Verordnung". Ähnlich der "Solingen-Verordnung", nach der nur Solinger Messer "Solinger Messer" sein dürfen, soll es künftig auch für Zeitmesser made in Glashütte Vorgaben geben. Die Zustimmung der Länderkammer gilt als sicher. Es wäre erst das zweite Mal, dass ein hiesiges Industriegut derart geadelt wird, das Ergebnis eines jahrelangen Kampfes. Eine "Genugtuung" sei das, sagt Anwalt Straub.

1992 hatte er das erste Verfahren geführt, gegen ein Unternehmen, das seine Uhren sehr großzügig auf die Herkunft Glashütte taufte. Seinerzeit entstand die sogenannte "Glashütte-Regel". Danach müssen 50 Prozent der Wertschöpfung von dort stammen, ehe eine Uhr den Namen tragen darf. "Wie immer in Zivilprozessen galt diese Entscheidung aber nur zwischen den Parteien", sagt Straub.

Die Konkurrenz untereinander stand den Uhrenfirmen aus Glashütte lange im Weg

Die neue Verordnung macht ähnliche Vorgaben, gilt aber nun für jeden. "Die Herkunftsangabe ,Glashütte' darf im geschäftlichen Verkehr nur für solche Uhren verwendet werden, die im Herkunftsbereich hergestellt worden sind", heißt es darin. Er umfasst Glashütte und zwei kleine Nachbarorte, für einige wenige Tätigkeiten auch Dresden. Auch die wesentlichen Herstellungsstufen sind genau definiert. Mehr als 50 Prozent der Wertschöpfung muss künftig im Herkunftsgebiet erfolgen, darunter alle wesentlichen Montageschritte. Teile, etwa des Uhrwerks, können weiterhin von außerhalb kommen.

Die Pläne für die Verordnung schlummerten jahrelang in den Ablagen deutscher Ministerien. Zuletzt hatte das Bundesjustizministerium sich geziert, viele Begriffe waren ihm zu unbestimmt. Das lässt sich über die neue Verordnung nicht sagen: Selbst der Begriff der Uhr ist präzise geregelt, ihre Hauptfunktion ist demnach die Zeitmessung. Schau an.

Vor allem aber bringt sie Ruhe in den kleinen sächsischen Ort, in dem Hersteller wie A. Lange & Söhne, Nomos, Mühle, Bruno Söhnle, Union, Glashütte Original oder Moritz Grossmann zwar stets ähnliche Interessen hatten, einander aber gleichzeitig in Konkurrenz beäugten. Nicht leichter wurde das durch den Umstand, dass sich 2012 eine "Fördergesellschaft" die Rechte an der Marke "Glashütte" gesichert hatte. Diese Gesellschaft hat sich zwar dem Schutzziel verschrieben. Doch sie liegt in Händen des Schweizer Swatch-Konzerns. Und mit dem nehmen es Manufakturen ungern auf.

Stattdessen schafft nun die neue Verordnung Klarheit. "Das hebt Glashütte auf eine Stufe mit ,swiss made'", freut sich Judith Borowski, Markenchefin bei Nomos. Trittbrettfahrer hätten es künftig schwer. "Und es bedeutet auch ein Mehr an Prestige."

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