Süddeutsche Zeitung

Überwachungs-Software:Bundestrojaner scheitert an Whatsapp und Macs

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Mit dem Bundestrojaner sollen deutsche Ermittler neuerdings Computer, Tablets und Handys von Verdächtigen überwachen. Doch die Software zur sogenannten Quellen-Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) ist offenbar nicht auf die digitale Realität des Jahres 2016 eingestellt, sondern auf die des Jahres 2009. Damals wurde Whatsapp gegründet, und der Siegeszug der mobilen Messenger begann.

Das Programm funktioniere nur auf Windows, berichtet die Welt. Zudem sei es nicht für Smartphones und Tablets geeignet, die immer mehr Menschen statt eines Desktop-PCs oder Laptops nutzen. Auch für Messenger wie Whatsapp oder Telegram sei das Programm unbrauchbar. Dabei wäre der Einsatz aus Sicht der Ermittler genau bei diesen Diensten sinnvoll, da immer mehr Menschen Chatprogramme mit Ende-zu-Ende-Verschlüsselung nutzen. In diesen Fällen bleibt der Zugriff an der Quelle, also auf dem Gerät selbst, die einzige Möglichkeit, Chats mitzulesen. Kürzlich stellte Whatsapp komplett auf Ende-zu-Ende-Verschlüsselung um.

Am Ende bleibt lediglich Internettelefonie ("Voice over IP") wie Skype, die der Trojaner überwachen kann - aber eben nur auf Windows-PCs. Ein anonymer Beamter eines Landeskriminalamts beklagt in der Welt, dass die Überwachung von Messengern das Entscheidende sei, da Rechtsradikale und Dschihadisten besonders diese Dienste nutzten.

Der CCC hält den Bundestrojaner für problematisch

Die Software zur Quellen-TKÜ soll einzelne Programme überwachen und auf Kommunikationsvorgänge beschränkt sein. Experten vom Chaos Computer Club (CCC) hatten den Einsatz immer wieder kritisiert. So könne nicht kontrolliert werden, ob eine Software zur Quellen-TKÜ versteckte Funktionen enthalte, die mehr könnten als von Gerichten erlaubt.

Der CCC hatte 2011 herausgefunden, dass der sogenannte Staatstrojaner - eine dem Bundestrojaner ähnliche Software bayerischer Sicherheitsbehörden - viel mehr konnte, als nur ein einzelnes Kommunikationsprogramm zu überwachen: Ermittler konnten mit seiner Hilfe umfassend auf Festplatten der Zielpersonen zugreifen, ihre Rechner fernsteuern und problematische Software nachladen.

Das Innenministerium will sich nicht konkret zu dem Bericht der Welt äußern. Eine Sprecherin schreibt auf Anfrage der SZ, sie könne keine Details zum Programm nennen. Würden "Funktionsumfang und Nutzung sowie Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten" der Software bekannt, so "könnten Rückschlüsse auf den Modus Operandi, die Fähigkeiten und Methoden der Ermittlungsbehörden gezogen werden."

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