Süddeutsche Zeitung

Topmanager:Anshu Jain geht zurück auf Los

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Der ehemalige Deutsche-Bank-Chef hat einen neuen Job: Jain wird Präsident bei einem relativ unbekannten Finanzdienstleister. Es ist nicht Geld, das ihn dorthin lockt.

Porträt von Andrea Rexer

Wenn etwas gründlich schiefgegangen ist, nehmen sich viele Menschen vor, noch mal ganz von vorn anzufangen. Es könnte genau dieser Vorsatz gewesen sein, der Anshu Jain dazu bewegt hat, einen Job beim verhältnismäßig kleinen US-amerikanischen Investmenthaus Cantor Fitzgerald anzunehmen - nachdem er im Sommer 2015 als Co-Chef der Deutschen Bank ausgeschieden ist. Das Geschäft von Cantor Fitzgerald ist heute in etwa so groß, wie das Investmentbanking der Deutschen Bank im Jahr 1995 war, als Jain dort anheuerte.

Was danach kam, ist Geschichte: Jain half seinem Mentor Edson Mitchell, die Deutsche Bank im Investmentbanking zu einer großen Nummer zu machen. Über die Jahre erarbeitete er sich den Ruf eines "Regenmachers", also eines Händlers, der ein lukratives Geschäft nach dem anderen abschloss. Das gefiel vor allem den größeren Anteilseignern. So wurde er 2012 gemeinsam mit Jürgen Fitschen Co-CEO der Bank - gegen manchen Widerstand. Doch als es dann statt Millionengewinnen nach der Finanzkrise Milliardenstrafen regnete, musste Jain seinen Platz wieder räumen. Bei der Hauptversammlung 2015 verpassten ihm die Aktionäre eine kräftige Abreibung, kurz darauf gaben Jain und Fitschen ihren Abgang bekannt.

Vor allem eine strategische Aufgabe, keine operative

Ein solcher Abschied erleichtert einen Neuanfang anderswo naturgemäß nicht. Insofern ist es nicht überraschend, dass Jain nicht bei einer anderen Großbank auftaucht und auch nicht im Aufsichtsrat eines deutschen Dax-Konzerns. Ein Institut, das nicht so sehr im Rampenlicht der Öffentlichkeit steht, erscheint da eine logische Wahl für ein Comeback. Jain soll nun Cantor Fitzgerald dabei helfen zu expandieren. Sein offizieller Posten lautet "President". Dahinter verberge sich eine vornehmlich strategische Aufgabe, keine operative, gibt Howard Lutnick, Vorstandschef von Cantor Fitzgerald in einer Pressemitteilung bekannt. Er werde eng mit Jain zusammenarbeiten, lobt dessen tiefes Verständnis der Kapitalmärkte.

Doch warum tritt Jain einen solchen Posten an? Wegen des Geldes müsste er es nicht tun, denn in seiner Zeit als Händler und als Investmentbankchef der Deutschen Bank hat er prächtig verdient. Wie viel es genau ist, wurde nie veröffentlicht. Gerüchten zufolge soll es ein dreistelliger Millionenbetrag sein. Einen Teil davon versucht sich derzeit die Deutsche Bank zurückzuholen, da sie in den letzten Jahren seiner Dienstzeit Boni eingefroren hat.

Jain motiviert nicht das Gehalt. Ihn reize an der neuen Position, dass er Geschäfte ausbauen kann, heißt es in seinem Umfeld. Auch das hat seine Logik, wenn man weiß, dass es bei der Deutschen Bank in den letzten Jahren vor allem ums Gesundschrumpfen gegangen ist. Nun soll er Cantor Fitzgerald vor allem dabei helfen, in den USA und in Asien stärker zu werden. Der gebürtige Inder kennt beide Regionen aus seiner bisherigen Karriere bestens. Jain selbst gibt als Begründung, warum er zu Cantor Fitzgerald geht, deren einzigartige globale Positionierung und das dynamische Wachstum in den vergangenen 15 Jahren an. "Ich habe seit Langem Howards außergewöhnliches Führungstalent bewundert und wie er und sein Team es geschafft haben, die Firma nach dem 11. September wieder aufzubauen", fügte Jain hinzu. Cantor Fitzgerald verlor beim Terroranschlag auf das World Trade Center 2001 658 Mitarbeiter, die zu dem Zeitpunkt in den Büros des Finanzdienstleisters arbeiteten. Später sagte Lutnick in einem Interview: "Wir arbeiteten härter denn je. Für uns, für unsere Kollegen und um der Welt zu zeigen, dass wir uns nicht unterkriegen lassen." Heute hat Cantor Fitzgerald über 10 000 Mitarbeiter und ist in über 25 Ländern aktiv. Mit Jain an Bord sollen es noch mehr werden.

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SZ vom 04.01.2017
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