Süddeutsche Zeitung

Studie:Das Image der Tech-Industrie wird immer mieser

Lesezeit: 2 min

Von Bastian Brinkmann, München

Und zack, schon wieder tauchen private Daten im Internet auf, diesmal wurden Millionen E-Mail-Adressen und Passwörter aus diversen Hacks veröffentlicht. Jeder kann sie anklicken und probieren, sich bei Fremden einzuloggen. Das ist nicht schön für die Nutzer, und es kann gefährlich werden für die ganze IT-Branche: In den Medien werden Techkonzerne immer negativer dargestellt, zeigt eine neue Analyse.

Die Branche steht mittlerweile fast so schlecht da wie die Banken, die seit der Finanzkrise 2008 massiv Vertrauen verloren haben. Das geht aus der Erhebung "Trust Meltdown" der Schweizer Firma Media Tenor hervor, die zum Weltwirtschaftsforum in Davos vorgestellt wird. Berücksichtigt wurden Hunderttausende Medienberichte in Deutschland, Großbritannien und den USA.

Eigentlich sollte das Vertrauensbarometer den Imageschaden für die Banken nach der Finanzkrise verfolgen. Das Gegenbeispiel war immer die Techbranche. Sie stand lange für die Zukunft, für Profite durch Innovationen, dafür, das Leben der Menschen angenehmer und einfacher zu machen. Von 2002 bis 2015 werteten die Experten die Medienberichte als nur leicht negativ, neutral oder leicht positiv. Ein Ausreißer nach unten war nur das Jahr der Finanzkrise 2008, als das ganze Weltwirtschaftssystem am Pranger stand. Doch vor allem 2017 und 2018 stürzte auch das Vertrauen in die Techkonzerne ab und erreichte ein Rekordtief. Ein Hack hier, ein Datenskandal dort, das hinterlässt Spuren.

Wie jede Umfrage erfasst auch eine Medienanalyse nur einen Teil der Stimmung. Die Zusammenhänge und Wechselwirkungen zwischen den Medien, den Wahrnehmungen der Bürger und den Entscheidungen von Unternehmen und Politikern sind komplex. Berichten Medien häufiger über Probleme bei Facebook, weil den Lesern das Thema wichtiger wird, oder weil Facebook mehr Fehler macht, oder die Politik das Thema auf die Agenda setzt? Und reagiert die Politik dabei wiederum auf Bürgerbeschwerden oder auf Medienberichte oder einfach darauf, dass Facebook mächtiger geworden ist?

Ein schlechter Medienruf verschreckt professionelle Geldgeber

Interessant in diesem Zusammenhang ist eine Untersuchung, die soeben als Working Paper beim Münchner Ifo-Institut erschienen ist. Demnach haben die Finanzmärkte darauf reagiert, wenn die Fernsehsender schlechte Nachrichten vermelden. Untersucht wurden die südeuropäischen Krisenländer in der Euro-Krise. Verkündete die TV-Moderatorin neue Hiobsbotschaften aus Griechenland oder Portugal, verkauften so viele Investoren Staatsanleihen aus den Ländern, dass das an den Finanzmärkten messbar war.

Weil die untersuchten Fernsehnachrichten und Finanzdaten zeitlich exakt protokolliert und miteinander verglichen werden können, gehen die Autoren des Papiers davon aus, dass tatsächlich tendenziell die Fernsehnachrichten daran schuld sind, dass Finanzinvestoren die Staaten schlechter bewerteten — und nicht andersherum die schlechten Kurse die negativen Medienberichte erst ausgelöst haben. Auf die Techkonzerne übertragen heißt das: Ein schlechter Medienruf verschreckt professionelle Geldgeber. Der Negativruf der Branche kann also für die Konzerne auch zu einem finanziellen Problem werden.

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Quelle:
SZ vom 21.01.2019
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