Süddeutsche Zeitung

Hohe Reisekosten:Die barocke Spesenpraxis der Deutschbanker

Lesezeit: 2 min

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Dass die Deutsche Bank im vergangenen Jahr mal wieder Verlust machte und ihre Ertragsziele riss, das war ja nur das eine. Mindestens ebenso erstaunt waren die Anleger, dass Deutsche-Bank-Chef John Cryan die alltäglichen Kosten des Konzerns nicht in den Griff bekommt. Seit das Geldhaus in der vergangenen Woche seine Jahreszahlen präsentierte, rauscht die Aktie der Bank Tag für Tag immer weiter ab. Am Donnerstag fiel der Kurs zeitweise auf 13 Euro und damit auf den niedrigsten Wert seit der großen Vertrauenskrise der Bank im Jahr 2016.

Warum aber fällt es dem größten deutschen Geldhaus eigentlich so schwer, Kosten zu sparen? Liegt es nur an den Boni, ohne die viele Investmentbanker angeblich sofort das Weite suchen würden? Wohl nicht nur das: Wie eine interne Bank-Präsentation zeigt, die das britische Onlineportal Dealbreaker.com veröffentlicht hat, pflegen gerade die Investmentbanker des Instituts offenbar immer noch einen erstaunlich sorglosen Umgang mit dem Spesenbudget. Demnach waren die Spesenkosten einer Abteilung (mit etwa 800 Leuten) im vergangenen Jahr schlankweg um 40 Prozent explodiert - auf 22 Millionen pro Jahr, also gut 27 000 Euro pro Mitarbeiter.

Das aber war dem zuständigen Chef der Sparte, Alasdair Warren, nun zu viel, weswegen er auf einer Mitarbeiterversammlung ein Ende der barocken Spesenpraxis forderte. So geht es aus der Präsentation hervor. Allein für Taxifahrten und Ähnliches gab die Abteilung demnach rund eine Million Euro pro Jahr aus. Einzelne Mitarbeiter verfuhren jährlich enorme 30 000 Euro, was selbst bei den vergleichsweise hohen Londoner Taxi-Preisen schwer zu erreichen sein dürfte. Es sei daher nicht mehr erlaubt - man hört richtig - einen "Limousinen-Service" zu nutzen; für Taxifahrten möge man bitte auf einen günstigen Vertragspartner zurückgreifen.

Aber auch bei Flugreisen und Hotelbuchungen nahmen es viele in der Abteilung offenbar nicht wirklich ernst mit der Kostendisziplin. Während die eigenen Aktionäre für 2017 wohl wieder mit einer Mini-Dividende abgespeist werden, leben viele Investmentbanker weiterhin ihre gehobenen Ansprüche aus: Bei 3700 Flügen und 8100 Hotelbuchungen, die jeweils überdies nicht den Kunden in Rechnung gestellt werden konnten, hätten die Mitarbeiter offenbar eigenhändig ihr vorgegebenes Spesenlimit überschritten. Flüge sollten daher künftig möglichst günstig, und zwar ohne Rücksicht auf die bevorzugte Fluglinie, gebucht werden. Bei der Hotelauswahl möge man sich ebenfalls auf Vertragspartner konzentrieren.

John Cryan fliegt Economy

Mehr noch: Offenbar nutzen viele Banker ihre Dienstreisen für ein verlängertes Wochenende am Zielort der Reise. Auch das soll ein Ende haben: Wer in Zukunft am Freitag eine Reise buche und nicht am selben Tag zurückkehre, werde "systematisch" überwacht, ließ Alasdair Warren seine Leute wissen. Die Deutsche Bank wollte sich nicht dazu äußern.

John Cryan übrigens kann man nicht vorwerfen, in Sachen Sparkultur ein schlechtes Beispiel abzugeben. Der Brite, der 2015 mit dem Ruf des harten Sanierers vom Aufsichtsrat an die Spitze des Geldhauses wechselte, reiht sich am Flughafen laut Augenzeugen oft brav in die Economy-Schlange ein, wenn er von Frankfurt nach London fliegt.

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Quelle:
SZ vom 09.02.2018
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