Süddeutsche Zeitung

Sparkasse:Wenn die Sparkasse für immer schließt

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Von Meike Schreiber, Frankfurt

Es ist ein Trend, der sich zuletzt beschleunigt hat: Immer mehr Sparkassen schließen Filialen - ob in Koblenz, Garmisch-Partenkirchen oder auf der ostfriesischen Insel Baltrum, wo am 1. Dezember die einzige Sparkassenfiliale den Dienst eingestellt hat. Das ruft nun die Träger der Sparkassen auf den Plan, die Kommunen und Landkreise. "Die Sparkassen sind kein Franchise-System à la McDonald's. Man sollte nicht generell den Rückzug aus der Fläche propagieren, nur weil es vielleicht hier und da nicht wirtschaftlich ist", sagte Hans-Günter Henneke, Geschäftsführer des Deutschen Landkreistages der SZ.

Hennekes Worte haben Gewicht: Die Landkreise sind Träger von rund 260 der deutschlandweit 390 Sparkassen, und Henneke ist Mitglied des innersten Führungskreises des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV). Wenn eine Sparkasse zu viele Filialen schließe, gehe die Verankerung im Raum verloren, sagt Henneke und appelliert damit auch an den neuen Sparkassenpräsidenten Helmut Schleweis, der seit Jahresanfang den DSGV anführt. "Wir werden den Trend zu Filialschließungen zwar nicht gänzlich stoppen, aber wir mahnen zur Vorsicht", sagt Henneke. Helmut Dedy, Geschäftsführer des Städtetages, pflichtet bei: "Auch in Zukunft ist es wichtig, dass die Sparkassen ein Filialnetz aufrecht erhalten, das dem Bedarf entspricht".

Tatsächlich setzen den Trend nicht nur die Sparkassen, sondern auch Volksbanken und Privatbanken. Laut der bundeseigenen Förderbank KfW wurden in den vergangenen beiden Jahren deutschlandweit 2200 Bankfilialen geschlossen. Wobei: Viele Nachbarländer in Europa hätten ihr Bankfilialnetz stärker ausgedünnt. Deutschlands Filialdichte liege europaweit noch im Mittelfeld, schreibt die KfW.

Das beruhigt Henneke kaum: Sparkassenfilialen seien in der Regel die sichtbarste Einrichtung eines Landkreises, viel sichtbarer noch als Krankenhäuser oder weiterführende Schulen. Die Sparkassenfiliale der Zukunft solle daher "nicht einfach nur ein Bus sein", der die Menschen mit Bargeld und anderem versorge. Die Digitalisierung des Bankgeschäfts sei wichtig, aber die Sparkasse dürfe sich nicht ihr individuelles Gesicht nehmen lassen. "Die Kunden sollten immer wissen, wo die Sparkassenfiliale ist". Zur Finanzierung des dichteren Filialnetzes nähmen diese sogar in Kauf, "dass die Gebühren eventuell etwas höher sind und die Kredite vielleicht etwas teurer sind als bei Banken ohne Filialen".

Die Forderungen der Landkreise zeigen das Dilemma der Sparkassen. Dank historisch niedriger Kreditausfälle und der großen Nachfrage nach Baukrediten geht es den meisten Geldhäusern zwar noch gut. Die Niedrigzinsen aber fressen trotzdem die Erträge weg, die Kosten für die Regulierung steigen; zugleich wächst die Konkurrenz der reinen Digitalbanken. "Oft führt kein Weg an Filialschließungen vorbei", sagt Sparkassenberater Bernd Nolte von 4P Consulting. "Ist eine Sparkasse in einem gewerblich schwächeren Wirtschaftsraum beheimatet, dann muss sie sparen, um die Wirtschaftlichkeit zu sichern".

Selbst wenn der Vorstand Kosten senke, würden viele Kreis- und Gemeindepolitiker im Verwaltungsrat nur ungern mitmachen. "Da leben viele noch in einer Fantasiewelt, in der die Ertragsquelle einer Sparkasse sprudelt, und man sich nur über die Höhe der Ausschüttungen unterhalten müsste", sagt Nolte. Sparkassen legen ihre Gewinne zurück, schütten einen Teil aber auch an die Träger aus oder spenden sie.

Auch Henneke macht sich über Einsparpotenzial Gedanken, sieht das aber eher in Fusionen. Es sei nichts gegen weitere Zusammenschlüsse zu sagen. "Es wäre durchaus verkraftbar, wenn wir in Deutschland in einigen Jahren nur noch 300 Sparkassen hätten", sagt er. Die dezentrale Struktur müsse aber erhalten bleiben; es solle kein Konzern entstehen. Die fusionierten Sparkassen dürften zudem nicht zu groß sein, damit das Geschäftsgebiet überschaubar bleibe. Außerdem sollten sich die Sparkassen stärker zur Wehr setzen, fordert der Lobbyist. "Es kann nicht sein, dass wir ein großes Geldautomaten-Netz zur Verfügung stellen, das dann auch Kunden anderer Banken günstig nützen können", sagt er. Die Sparkassen sollten daher von Nicht-Kunden höhere Gebühren fürs Abheben verlangen.

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Quelle:
SZ vom 08.01.2018
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