Süddeutsche Zeitung

Schuldenkrise:Neues Geld für Griechenland - na also, geht doch

Lesezeit: 2 min

Im Schuldenstreit zeigt sich nun deutlich: Wenn alle ein bisschen nachgeben, können am Ende auch alle gewinnen.

Kommentar von Alexander Mühlauer, Brüssel

Diesmal war es anders. Sechs lange Jahre dauert die Griechenland-Krise nun schon an und stets konnte man sich auf eine Gewissheit verlassen: Die Regierung in Athen bewegte sich immer erst dann, wenn dem Land das Geld ausgegangen war. Doch diesmal erfüllte die Regierung von Premier Alexis Tsipras ihren Teil der Abmachung - zwar mit gewohnter Verspätung, aber eben vor dem nächsten drohenden Zahlungsausfall. Tsipras kürzte Renten, Tsipras erhöhte Steuern. Und er beschloss, gegen massive Widerstände in Griechenland, eine Schuldenbremse. Es gab etwas in Athen, das in den vergangenen sechs Jahren oft schmerzlich vermisst wurde: ein klarer politischer Wille zur Einigung.

Genau dieser fehlte in letzter Zeit auch immer häufiger auf der Seite der Kreditgeber. Die Euro-Partner waren misstrauisch geworden, viele von ihnen trauten Griechenland nicht mehr zu, vereinbarte Reformen durchzusetzen. Doch anders als vor einem Jahr wollten auch sie die Eskalation vermeiden. Das Grexit-Drama vom Sommer 2015 wird dieses Jahr nicht fortgesetzt. Alles andere wäre politisch höchst fahrlässig gewesen. Denn angesichts eines drohenden Brexit, den Unwägbarkeiten des Türkei-Deals in der Flüchtlingskrise und dem Aufstieg der Rechtspopulisten hätte Europa eine erneute Grexit-Hysterie nicht verkraftet.

Alle Beteiligten mussten ein bisschen nachgeben

Am Ende ist es bei Verhandlungen eben so: Alle müssen nachgeben. Tsipras' Links-Regierung setzte Reformen um, die sie ihrem Selbstverständnis nach eigentlich ablehnt. Die Euro-Partner wiederum sagten Griechenland Schuldenerleichterungen zu, die sie nicht wollten, aber ohne die der Internationale Währungsfonds (IWF) sich nicht am Kreditprogramm beteiligt hätte. Nun ist der IWF zwar noch nicht an Bord, er will sich aber bis Ende des Jahres entscheiden.

Und ja, auch der Währungsfonds musste nachgeben. Eigentlich wollte der IWF, dass langfristige Schuldenerleichterungen bereits jetzt festgelegt werden. Nun hat der Fonds aber zugestimmt, dass dies erst 2018 geschehen soll, also nach Ende des laufenden Kreditprogramms. Und aus deutscher Sicht noch wichtiger: nach den nächsten Bundestagswahlen im Jahr 2017.

Was jetzt noch fehlt, ist Wachstum

Wenn der IWF sich nun also wirklich am 86-Milliarden-Programm beteiligt, hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sein Ziel erreicht. Es gibt (vorerst) keinen Schuldenerlass, das laufende Programm muss also nicht verändert werden. Das heißt: Die Vereinbarung vom Sommer 2015 gilt unverändert, der Bundestag muss keine Änderungen beschließen. Und genauso wichtig für Schäuble und Bundeskanzlerin Angela Merkel: Die in der Griechenland-Frage uneinige Unionsfraktion ist befriedet. Die Botschaft lautet: Der IWF ist so gut wie sicher dabei, die AfD bekommt kein Futter für eine erneute Anti-Euro-Kampagne.

Nun ist es aber nicht so, dass Griechenland bis 2018 gar keine Schuldenerleichterungen bekommt. So sollen etwa kurzfristig die Modalitäten zur Rückzahlung von Krediten verändert werden. Mittelfristig will die Euro-Gruppe bei einer vollen Umsetzung des Programms Gewinne an Griechenland auszahlen, die von der Europäischen Zentralbank beim Handel mit griechischen Anleihen gemacht wurden. Zudem sollen der Regierung in Athen etwa 20 Milliarden Euro zukommen, die nicht für die Rekapitalisierung von griechischen Banken gebraucht wurden.

Bleibt die Hoffnung, dass Griechenland nun endlich die gewonnene Zeit nutzt, um das zu fördern, was es wirklich braucht: Wachstum. Das geht nur mit ausländischen Unternehmern, die bereit sind, dort zu investieren. Die wichtigste Voraussetzung dafür haben die Euro-Finanzminister nun geliefert: Vertrauen und Stabilität.

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