Süddeutsche Zeitung

Schnüffelaffäre:Frühere Telekomspitze massiv belastet

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Der ehemalige Telekom-Aufsichtsratschef Zumwinkel und der frühere Vorstandschef Ricke sollen die Kontrollen undichter Stellen persönlich angeordnet haben.

Thomas Öchsner

Der ehemalige Aufsichtsratschef des Unternehmens, Klaus Zumwinkel, und der frühere Konzernchef Kai-Uwe Ricke haben persönlich einen Mitarbeiter der Abteilung Konzernsicherheit damit beauftragt, undichte Stellen in der Telekom aufzuspüren. Dies geht aus internen Untersuchungsberichten des Konzerns hervor, die der Süddeutschen Zeitung vorliegen.

Der frühere Fernmeldeoberrat Klaus T., der inzwischen in Untersuchungshaft sitzt, sollte herausfinden, wer im Unternehmen vertrauliche Informationen an Medien weitergegeben hat. Nach Aussagen des Mitarbeiters war die Anweisung der Konzernspitze mit der strikten Anweisung verbunden, "absolutes Stillschweigen" über die Ermittlungen, auch gegenüber seinen Vorgesetzten zu bewahren, heißt es in einem der Untersuchungsberichte.

Die Staatsanwaltschaft Bonn untersucht seit dem Frühjahr 2008 den Schnüffelskandal bei der Telekom. Nach Angaben der Ermittler hat das Unternehmen in den Jahren 2005 und 2006 die Telefonverbindungsdaten von Aufsichtsräten der Telekom, Angehörigen des Betriebsrats, Journalisten, aber auch von Dritten wie Verdi-Chef Frank Bsirske ausgespäht, die mit dem Konzern nicht unmittelbar zu tun haben. Insgesamt ist von mindestens 55 Personen die Rede.

Ermittlungen gegen ein Dutzend Beschuldigte

Die Staatsanwaltschaft ermittelt deshalb wegen möglicher Verstöße gegen das Fernmeldegeheimnis und den Datenschutz gegen ein Dutzend Beschuldigte. Darunter befinden sich auch der frühere Konzernlenker Ricke und der ehemalige Post-Chef Zumwinkel, den das Bochumer Landgericht im Januar wegen Steuerhinterziehung zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilte.

Die Untersuchungsberichte stehen auf jeden Fall im Widerspruch zu den jüngsten Aussagen Zumwinkels. Er hatte in einem Interview Vorwürfe, die Spitzelaufträge stammten von ihm, vehement zurückgewiesen: "Ein Aufsichtsrat kann Mitarbeitern keine Weisungen geben." Aus den internen Untersuchungsberichten der Telekom geht allerdings nicht hervor, ob Ricke und Zumwinkel mit Klaus T. einzelne Ermittlungsmaßnahmen besprochen haben oder detaillierte Anweisungen ergangen sind. Offen bleibt auch, ob es womöglich ein stillschweigendes Einverständnis für bestimmte Ermittlungsmethoden gab. Zumwinkel hatte in der Vergangenheit stets darauf gepocht, dass für die Abteilung Konzernsicherheit der Personalvorstand verantwortlich sei.

Der damalige Personalvorstand Heinz Klinkhammer gehört aber selbst zu den Bespitzelten. Klinkhammer hatte darauf hingewiesen, dass er von den dubiosen Aufträgen zunächst nichts gewusst habe. Erst als er T. zur Rede gestellt habe, habe dieser ihm versichert, dass ihm Ricke und Zumwinkel "in dieser Sache einen Maulkorb erteilt haben". Den Auftrag, undichte Stellen zu finden, habe T. "an mir und am Chef der Konzernsicherheit vorbei aus dem Umfeld Ricke und Zumwinkel erhalten", sagte Klinkhammer.

Auch Ricke hat die Vorwürfe stets zurückgewiesen. Er bestreitet genauso wie Zumwinkel, von den schmutzigen Aktionen gewusst oder illegale Aufträge erteilt zu haben. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft dürften sich noch länger hinziehen.

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SZ vom 07./08.02.2009/mel
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