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SAP:Krise? War einmal

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Der Software-Konzern verkündet märchen­hafte Quartals­zahlen, die Aktie steigt auf ein Rekordhoch.

Zuerst kam Corona, dann gab es Querelen um Co-Chefin Jennifer Morgan. Seit April führt Christian Klein den Software-Hersteller SAP als alleiniger Vorstandsvorsitzender, und nach seinem überstürzten und unruhigen Start kann der 40-Jährige nun erstmals einen echten Erfolg vermelden: Der Konzern aus Walldorf bei Heidelberg kommt überraschend gut durch die Corona-Krise. Im zweiten Quartal kletterte das Betriebsergebnis währungsbereinigt um sieben Prozent auf 1,96 Milliarden Euro. Nach dieser unerwarteten Mitteilung vom Mittwochabend sprang die Aktie zeitweise um acht Prozent auf ein Rekordhoch von 139 Euro.

Mit einem Börsenwert von 170 Milliarden Euro vergrößert der wertvollste Dax-Unternehmen seinen Abstand zum zweitplatzierten Linde-Konzern auf fast 70 Milliarden. Das Unternehmen des jüngsten Dax-Bosses ist damit mehr wert als BMW, Daimler, Volkswagen und Bayer zusammen. Kein Wunder, dass Klein gut gelaunt seine Mitarbeiter lobt: "Ich bin sehr stolz darauf, dass unsere Teams das sehr schwierige Umfeld erfolgreich gemeistert haben."

Angesichts der positiven Zahlen bestätigte Europas größter Technologie-Konzern auch seine Prognose für das Gesamtjahr. Im April hatte Klein den Ausblick noch gestutzt und dies damit begründet, dass das Neugeschäft nahezu zum Erliegen gekommen sei. Aber im zweiten Quartal zog die Geschäftstätigkeit nun wieder an, deshalb fuhr SAP überraschend viel Umsatz und Gewinn ein. Als Grund des Erfolgs nennt Klein die breite Angebotspalette. Diese helfe vielen Unternehmen nun, die in der Corona-Krise erkannt haben, dass sie die Digitalisierung vorantreiben müssen.

Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern kletterte gegenüber dem Vorjahreszeitraum um acht Prozent auf 1,96 Milliarden Euro. Auch der Umsatz zog mit plus zwei Prozent auf 6,74 Milliarden Euro an. Beides ist deutlich besser als Analysten erwartet hatten. Damit sticht Klein auch den US-Konkurrenten Oracle aus, der zuletzt ein schrumpfendes Quartalsergebnis verkündet hatte. Weitere Ursache für den SAP-Höhenflug ist laut Finanz-Vorstand Luka Mucic "unsere schnelle Reaktion auf die Krise auf der Kostenseite". SAP stellt seit Beginn der Pandemie weniger neue Mitarbeiter ein und verzichtet auf Geschäftsreisen. Die operative Marge kletterte auf 28,9 Prozent.

Treiber bei den Erlösen war erneut das Cloud-Geschäft. SAP verkauft zunehmend flexiblere Web-Abos, die meist monatlich bezahlt werden und nicht mehr einmalig im Voraus. Das macht SAP konjunkturunabhängiger. Weiterer Coup von Klein: SAP hat Anuj Kapur von Cisco abgeworben und zum neuen Unternehmensentwicklungs- und Strategiechef berufen. Kapur solle helfen, Trends frühzeitig zu erkennen, sagt Klein.

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SZ vom 10.07.2020 / stma, dpa, rtr
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