Süddeutsche Zeitung

Prämiensparen:Sammelklage gegen Stadtsparkasse München

Lesezeit: 2 min

Verbraucherschützer halten die Kündigung Tausender Prämiensparverträge durch das Institut für unzulässig, zudem seien jahrelang zu wenig Zinsen gezahlt worden. Die Sparkasse weist die Vorwürfe zurück.

Von Andreas Jalsovec, München

Im Streit um gekündigte Prämiensparverträge kommt auf die Stadtsparkasse München eine Sammelklage zu. An diesem Freitag reichen die Verbrauchzentrale Bayern und der Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV) gemeinsam eine sogenannte Musterfeststellungsklage gegen die Sparkasse ein. "Mit Hilfe unserer Klage könnten sich Verbraucher zur Wehr setzen", sagt Sebastian Reiling, Referent beim VZBV. Eine Beteiligung an der Klage sei für Verbraucher "kostenlos und unkompliziert möglich".

Bei dem Streit geht es um Langzeit-Sparverträge des Typs "Prämiensparen flexibel", die die Sparkasse ihren Kunden seit den Neunzigerjahren angeboten hat. Nach Ansicht der Verbraucherschützer habe das Institut viele dieser Verträge unzulässig gekündigt. Außerdem seien über Jahre hinweg zu wenig Zinsen auf die Sparguthaben gezahlt worden. Vor Gericht will die Verbraucherzentrale nun feststellen lassen, dass die Kündigungen unwirksam und die Zinsberechnungen falsch waren.

Beim Prämiensparen erhalten Kunden neben einem variablen Zins auch einen steigenden jährlichen Bonus. In Zeiten von Null- und Niedrigzinsen ist dieses Sparmodell für die Geldhäuser teuer. Zahlreiche Sparkassen haben daher in den vergangenen Jahren Hunderttausende solche Verträge gekündigt. Die Stadtsparkasse München löste nach eigenen Angaben seit 2019 etwa 37 500 Prämiensparverträge auf.

Zwar entschied der Bundesgerichtshof (BGH) ebenfalls 2019, dass eine solche Kündigung unter bestimmten Umständen rechtens sei, wenn der Sparvertrag die höchste Prämienstufe erreicht hat. "Wir bezweifeln aber, dass die Stadtsparkasse überhaupt die Prämiensparverträge ordentlich kündigen durfte", sagt Sascha Straub Finanzexperte der Verbraucherzentrale Bayern. Dies wolle man vor Gericht klären, so Straub: "Den Verbrauchern wurde durch die Kündigung die Chance auf erhebliche Prämienzahlungen für die Zukunft genommen."

Die Stadtsparkasse beruft sich dagegen darauf, dass das BGH-Urteil "geänderte wirtschaftliche Rahmenbedingungen" wie etwa Niedrigzinsen als Grund für eine Kündigung zulasse. "Dementsprechend wurden ausnahmslos alle gegen unsere Kündigungen gerichteten Klagen abgewiesen", heißt es in einer Stellungnahme des Instituts. Man könne "auf Dauer keine Zinsen zahlen, die am Kapitalmarkt nicht mehr erzielt werden".

Verbraucherschützer haben mehrere Hundert Verträge nachgerechnet

Die Klage gegen das Münchner Kreditinstitut ist nicht die erste Musterfeststellungsklage, die Verbraucherschützer gegen eine Sparkasse anstrengen. Bundesweit laufen derzeit acht weitere solcher Sammelklagen. Neben der Kündigung der Prämiensparverträge geht es dabei in der Regel auch um zu wenig gezahlte Zinsen.

Zwar ist der variable Zins, den die Kunden beim Prämiensparen erhalten, normalerweise gering. Abhängig von der Zinsanpassung können sich jedoch über die lange Laufzeit große Unterschiede bei den Zinserträgen ergeben. Bei der Stadtsparkasse München rechneten die Verbraucherschützer mehrere Hundert Verträge nach. Ergebnis: Im Schnitt seien den Kunden gut 4600 Euro zu wenig an Zinsen ausgezahlt worden.

Grund ist nach Auffassung der Verbraucherschützer eine fehlerhafte Klausel für die Zinsanpassung in den Verträgen. So hat der BGH mehrfach entschieden, dass die Banken zur Berechnung einen geeigneten Referenzzins heranziehen müssen. Der Zins, den die Stadtsparkasse München verwende, sei jedoch dafür nicht geeignet, sagt Finanzexperte Straub: "Er führt dazu, dass weniger ausgezahlt wird, als den Sparern zusteht." Außerdem müsse die Zinsanpassung zwischen Bank und Kunde vereinbart werden. Auch das sei nicht geschehen.

Die Stadtsparkasse weist das zurück: "Wir sind der Ansicht, dass unser Haus die höchstrichterlichen Vorgaben bei der Zinsberechnung vollständig umgesetzt hat", heißt es in der Stellungnahme. Die Klage der Verbraucherschützer wird nun vom Bayerischen Obersten Landesgericht geprüft. Lässt das Gericht die Klage zu, können sich Verbraucher kostenlos an dem Verfahren beteiligen. Sie müssen sich dann in ein Klageregister beim Bundesamt für Justiz eintragen. Das dürfte in einigen Wochen möglich sein.

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