Süddeutsche Zeitung

Rüstungsexporte nach Griechenland:Bestechendes Geschäft

Lesezeit: 3 min

Von Klaus Ott, München

So hat sich der Rentner aus dem Raum Kassel, der seit einem halben Jahr in München-Stadelheim im Gefängnis sitzt, seinen Lebensabend bestimmt nicht vorgestellt. Mit Mitte 70 fern der Familie hinter Gittern zu sein, und das auch noch mehr krank als gesund. Der Ruheständler war mal Manager bei dem in München und Kassel ansässigen Rüstungskonzern Krauss-Maffei Wegmann (KMW), einer weltweit führenden Panzerschmiede. Er hat sich damals auch um Geschäfte mit Griechenland gekümmert. Das könnte ihm nun zum Verhängnis werden. Der Rüstungskonzern soll beim Verkauf der Panzerhaubitze PzH 2000 für knapp 200 Millionen Euro nach Hellas kräftig Schmiergeld gezahlt haben, fünf bis zehn Millionen Euro. Der heutige Untersuchungshäftling soll mitgemacht haben und deshalb vor Gericht kommen.

Die Staatsanwaltschaft München I hat, wie sie auf Anfrage bestätigt, Anklage erhoben gegen den alten Herrn. Aber nicht wegen Bestechung griechischer Amtsträger, das wäre nämlich verjährt. Sondern wegen Steuerhinterziehung und anderer Vergehen. Im Herbst dürfte es zum Prozess am Münchner Landgericht kommen. Es ist die erste Anklage bei den aktuellen Ermittlungen wegen deutschen Rüstungsexporten nach Hellas. KMW hat neben der PzH 2000 auch noch sein bestes Stück, den Panzer Leopard 2, nach Griechenland geliefert, für immerhin fast 1,7 Milliarden Euro.

Schmerzhafte Untersuchung

Eine Tochterfirma von Thyssen-Krupp und Airbus hat Ärger wegen alter Aufträge zur Modernisierung von U-Booten in Griechenland. Und bei Rheinmetall geht es um Raketen, um das Luftabwehrsystem Asrad. In allen Fällen suchen Staatsanwälte in Deutschland und Griechenland nach Beweisen für Bestechung oder andere, damit einhergehende Delikte, und sind zum Teil bereits fündig geworden. Rheinmetall hat Ende 2014 einen Bußgeldbescheid der Staatsanwaltschaft Bremen über 37 Millionen Euro wegen Bestechung von Militärs und Ministerialen in Athen akzeptiert. Früheren Rheinmetall-Managern drohen Anklagen und Prozesse in Bremen und Athen.

Für Rheinmetall selbst, das Unternehmen hat bei der Aufklärung geholfen und mit den Ermittlern kooperiert, ist die Sache bereits ausgestanden. Bei KMW sieht das anders aus. Die Panzerschmiede steckt noch mittendrin in einer für den Konzern schmerzhaften Untersuchung. Die Staatsanwaltschaft München hat in der Anklage gegen den Rüstungs-Rentner beantragt, dass auch Krauss-Maffei Wegmann der Prozess gemacht werden soll, zusammen mit dem ehemaligen Manager.

Als sogenannte Nebenbeteiligte könnte die Panzerschmiede mit einem Bußgeld belangt werden, sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten. Bei dem absehbaren Prozess gegen den KMW-Rentner geht es formal um Steuerhinterziehung, aber inhaltlich um Korruption. Der Rüstungsbetrieb soll vor zehn Jahren Schmiergeldzahlungen für die PzH 2000 beim deutschen Fiskus zu Unrecht als Betriebsausgaben geltend gemacht haben.

Um herauszufinden, ob das zutrifft, muss natürlich aufgeklärt werden, ob in der Tat ein Fall von Korruption vorliegt. Die Ermittler rechnen sich gute Chancen aus. Ein Athener Mittelsmann der deutschen Panzerschmiede und ein früherer Rüstungseinkäufer im griechischen Verteidigungsministerium haben längst gestanden, dass Schmiergeld im Spiel gewesen sei. Die Anklage gegen den Ruheständler aus dem Raum Kassel ist fast 150 Seiten dick, vieles ist darin im Detail beschrieben.

Die Münchner Staatsanwaltschaft hofft offenbar, bei einem Prozess gegen den Rentner auch wertvolle Erkenntnisse für die Ermittlungen wegen Steuerhinterziehung oder Beihilfe hierzu gegen rund zehn weitere Beschuldigte zu gewinnen; unter ihnen KMW-Chef Frank Haun und Aufsichtsratschef Manfred Bode. Diese beiden werden ebenfalls verdächtigt, von der mutmaßlichen Korruption gewusst zu haben und daran beteiligt gewesen zu sein, dass Schmiergeldzahlungen als Betriebsausgaben von der Steuer abgesetzt worden seien. Bode und Haun weisen das zurück. Das Unternehmen äußert sich nicht zur aktuellen Anklage gegen den früheren KMW-Manager. Krauss-Maffei Wegmann hat seit Beginn der Ermittlungen vor eineinhalb Jahren allerdings wiederholt erklärt, man habe kein Schmiergeld gezahlt und auch nicht zahlen lassen. Weder bei der PzH 2000; noch beim Leopard 2, bei dem ebenfalls ermittelt wird. Aber nicht gegen Bode und Haun.

Ein weiterer Vorwurf: Steuerhinterziehung in eigener Sache

Sollte der frühere KMW-Manager in einem Prozess schuldig gesprochen werden, dann müsste das Gericht, um das richtige Strafmaß zu finden, auch noch die damaligen Zustände im Unternehmen beleuchten. Es wäre ein großer Unterschied, ob der heutige Rentner als Einzeltäter agiert hätte, oder als "Rädchen im System". So hat das Münchner Landgericht im großen Schmiergeldfall Siemens mal die Rolle eines Verwalters von schwarzen Kassen beschrieben, die mit vielen Millionen Euro gefüllt gewesen waren. Normalerweise wäre der Mann wegen Veruntreuung von Konzerngeldern in dieser Höhe zu Gefängnis verurteilt worden. Weil er aber im Auftrag der Firma agiert und nicht in die eigenen Taschen gewirtschaftet hatte, blieb es bei einer Bewährungsstrafe.

Bei dem Rentner in Untersuchungshaft kommt zu der mutmaßlichen Steuerhinterziehung zum Wohle der Panzerschmiede jedoch erschwerend hinzu, dass der damalige Rüstungs-Mann den Fiskus auch noch über seine eigenen Finanzen getäuscht haben soll. Als Manager von Krauss-Maffei Wegmann soll er sich an dem Geschäft mit der Panzerhaubitze privat bereichert haben, mit mehr als einer Million Euro, gezahlt von dem Athener Mittelsmann des deutschen Konzerns. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Ruheständler neben Steuerhinterziehung zugunsten der Firma drei weitere Delikte vor: Steuerhinterziehung in eigener Sache, weil die mehr als eine Million Euro dem Fiskus verschwiegen worden seien; Geldwäsche sowie versuchten Prozessbetrug bei einer Klage, die KMW wegen dieser Vorgänge gegen ihn eingereicht hatte.

Der Rentner hatte Anfang 2014 Selbstanzeige beim Fiskus erstattet. Er will bei dem Deal mit der Panzerhaubitze aber weit weniger als die von der Staatsanwaltschaft behauptete mehr als eine Million Euro kassiert haben. Ob die Selbstanzeige gültig ist, ob sie alles umfasst, das muss sich nun zeigen. Ebenso wie vieles andere bei Rüstungsdeals zwischen deutschen Konzernen und Griechenland.

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Quelle:
SZ vom 20.07.2015
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