Süddeutsche Zeitung

Rohstoff-Deals:"Paradebeispiel für Korruption"

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Ein Schweizer Gericht hat den Magnaten Beny Steinmetz zu fünf Jahren Haft verurteilt: Er hat bestochen, um in Guinea an Schürflizenzen zu kommen.

Von Isabel Pfaff, Genf

Der Anwalt fährt schweres Geschütz auf. Sein Mandant Beny Steinmetz, der milliardenschwere Rohstoffmagnat mit zweifelhaftem Ruf, habe "niemals, niemals auch nur einen Rappen" Schmiergeld an Mamadie Touré, vierte Ehefrau des Präsidenten von Guinea, bezahlt. Und dann sagt er: "Ich habe einen Traum." Marc Bonnant - einer der schillerndsten Verteidiger, die Genf zu bieten hat - schwingt sich am Ende dieses Prozesses tatsächlich zu einer Art Martin Luther King auf. "Ich habe den Traum, dass die Justiz Gerechtigkeit walten lassen wird."

Gerechtigkeit, das heißt für Steinmetz' Anwalt: Freispruch von den schweren Vorwürfen, die die Genfer Staatsanwaltschaft gegen den 64-jährigen israelischen Geschäftsmann erhoben hat. Im Einzelnen: Bestechung fremder Amtsträger, um an lukrative Schürflizenzen im westafrikanischen Guinea zu kommen, und Urkundenfälschung, um diese Geldflüsse zu verschleiern. Die Staatsanwälte hatten den Fall "ein Paradebeispiel für Korruption" genannt und für den Hauptangeklagten fünf Jahre Haft gefordert.

Das Gericht folgt weitgehend der Argumentation der Anklage. Nach einer mehr als zweistündigen Begründung verkündet die Vorsitzende Richterin Alexandra Banna das Urteil: Steinmetz wird wegen Korruption und Urkundenfälschung zu fünf Jahren Haft verurteilt und muss eine Geldstrafe von 50 Millionen Franken bezahlen. Er sei an allen relevanten Schritten dieses Korruptionsaktes beteiligt gewesen und habe letztlich die Gelder kontrolliert, die für die Bestechung nötig waren, so die Richterin. Nicht zuletzt sei er "der primäre Profiteur" dieses Geschäfts gewesen. Steinmetz, der den gesamten Prozess ruhig und konzentriert verfolgt hat, bleibt auch jetzt stoisch. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig; der Verurteilte hat zehn Tage Zeit, Rechtsmittel einzulegen. Sein Anwalt kündigte bereits an, das Verfahren weiterzuziehen.

Fest steht jedoch: An diesem Freitag ist ein Prozess von historischem Ausmaß zu Ende gegangen. Höchst selten nur gelingt Ermittlern das, was der Genfer Claudio Mascotto geschafft hat: Der frühere Staatsanwalt hat sechs Jahre lang gegen Beny Steinmetz ermittelt. Heraus kam eine Anklage, die sich auf mehrere Hundert Ordner Ermittlungsunterlagen stützt. Mascotto schlüsselt darin einen komplexen Korruptionsfall in Guinea auf, der mit Hilfe verschiedener Mittelsmänner und -frauen und einem Geflecht zahlloser Offshorefirmen verschleiert werden sollte. Spuren dieses Konstrukts fanden sich auch in den Panama Papers, die der Süddeutschen Zeitung vor einigen Jahren zugespielt wurden. Die Genfer Ermittler haben diese quer über die Kontinente verlaufenden Fäden entwirrt und damit den Urheber der Bestechung in der Schweiz vor Gericht gebracht - ein Land, das im Gegensatz zu vielen afrikanischen Staaten auch die nötigen Kapazitäten hat, um ein solch aufwendiges Verfahren zu führen. Hier, in Genf, lebte Steinmetz von 2010 bis 2016. Und von hier aus soll auch das Guinea-Geschäft über die besagten Briefkastenfirmen orchestriert worden sein.

Der Fall nimmt 2005 seinen Anfang. Damals begann die Beny Steinmetz Group Resources (BSGR), sich für die gigantischen Eisenerzvorkommen in Guinea zu interessieren: ein Bodenschatz von geschätzt mehr als hundert Millionen Tonnen, mehrheitlich zu finden in den Simandou-Bergen. Um das für die Stahlherstellung wichtige Mineral ausbeuten zu können, hat Steinmetz laut Anklageschrift dem damaligen Präsidenten Lansana Conté und seiner vierten Ehefrau Mamadie Touré "unlautere Vorteile" verschafft. Insgesamt rund zehn Millionen Dollar Schmier- und Schweigegeld hat die Präsidentengattin demnach zwischen 2006 und 2012 erhalten. Die BSGR wiederum erhielt 2008 die Schürflizenz für wichtige Simandou-Gebiete - auf Kosten des Konkurrenten Rio Tinto.

Behilflich waren Steinmetz bei diesem Deal laut Staatsanwaltschaft die beiden Mitangeklagten: Frédéric C., ein Franzose und erfahrener Afrika-Netzwerker, der in der guineischen Hauptstadt Conakry den Kontakt zur Präsidentengattin herstellte und im Auftrag von Steinmetz den letztlich ausschlaggebenden Vertrag mit ihr geschlossen hat. Und Sandra M., eine Belgierin, die schon für die Diamantenfirma von Steinmetz' Vater in Antwerpen arbeitete und ab 2005 in Genf als Geschäftsführerin all der Offshore-Firmen agierte, die in das Guinea-Projekt von Beny Steinmetz involviert waren.

Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass sich auch Frédéric C. und Sandra M. der Korruption schuldig gemacht haben. Der Franzose erhielt eine Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren und eine Geldstrafe von fünf Millionen Franken, die Belgierin wurde zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren und einer Geldstrafe von 50 000 Franken verurteilt.

Was Beny Steinmetz betrifft, hatte seine Verteidigung auf verschiedenen Kanälen versucht, der Anklage den Boden zu entziehen. Scharf attackierte das dreiköpfige Team den leitenden Staatsanwalt selbst: Claudio Mascotto, so der Vorwurf, habe im Zuge der Ermittlungen Reisen nach Israel und die USA unternommen, ohne diese ordnungsgemäß zu dokumentieren. Das widerspreche den Regeln. Am vergangenen Montag, dem letzten der sechs Verhandlungstage, holte Steinmetz' Verteidigung dann erneut aus und bezeichnete den heutigen Richter als "linken Magistraten", der nicht an der Wahrheit interessiert sei.

Neben Mascotto zielten die Verteidiger aber vor allem auf jene Figur, die die zentrale Rolle in dem Bestechungsakt spielte: Mamadie Touré, die vierte Ehefrau von Präsident Conté. Nach dem Tod ihres Mannes Ende 2008 setzte sich Touré in die USA ab. Auch dort läuft ein Verfahren in der Causa Steinmetz, und Touré ist inzwischen Kronzeugin der US-Justiz und bleibt straffrei. Auch im Genfer Prozess sollte sie als Zeugin aussagen, doch sie erschien nicht.

Die Steinmetz-Anwälte behaupteten, es stimme kaum etwas, was die Anklage über Mamadie Touré sagt - vor allem nicht ihr Status. Es gebe keine überzeugenden Beweise, dass sie wirklich die vierte Ehefrau des früheren Präsidenten gewesen sei und damit entscheidenden Einfluss auf ihn ausgeübt habe. Und: Selbst wenn es sich bei den Geschäften zwischen den Offshore-Firmen von Frédéric C. und Mamadie Touré um Bestechung gehandelt hätte: "Beny Steinmetz ist nicht der Geschäftsführer von BSGR" und damit nicht der Drahtzieher der Guinea-Geschäfte, sagt Bonnant. Steinmetz, so der Anwalt, sei einzig und allein "ein fabelhafter Berater". Er habe weder die formelle noch die faktische Macht gehabt, einen solchen Bestechungsakt anzuordnen. Der alte Trick, ermöglicht durch verschachtelte Offshore-Konstrukte. In Genf, das zeigt dieses Urteil, haben ihn viele durchschaut.

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