Süddeutsche Zeitung

Rohstoffe:Konzerne finden so wenig neues Öl wie seit 60 Jahren nicht mehr

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Öl- und Gasförderkonzerne haben im vergangenen Jahr nur 2,8 Milliarden Barrel Erdöl und zugehörige Stoffe entdeckt - das ist der niedrigste Wert seit dem Jahr 1954. Die Zahlen der Energieberatung IHS, über die die Financial Times berichtet, zeigen, dass sich viele Förderkonzerne durch die niedrigen Ölpreise nun zu Sparmaßnahmen gezwungen sehen und deshalb weniger in die Entdeckung neuer Ölvorkommen investieren.

Geht der Welt nun das Öl aus? Das ist nicht gesagt. Der Großteil der weltweiten Förderung kam nach Angaben der Energieberatung Wood Mackenzie zuletzt aus bestehenden Ölfeldern und nicht aus neu entdeckten Reserven. Doch wenn die Rückgänge bei den Neuentdeckungen anhalten, könnte das den Markt - zumindest in einigen Jahren - deutlich verändern. Setzt sich der aktuelle Trend fort, fehlen im Jahr 2035 demnach täglich 4,5 Millionen Barrel Öl, heißt es bei Wood Mackenzie. Das entspricht knapp der Hälfte des täglichen Fördervolumen Saudi-Arabiens, dem größten Erdöl-Exporteur der Welt. Die Folge wären wohl deutlich höhere Kosten etwa für Heizung oder Treibstoff. Auch für Industrien weltweit hätten deutlich höhere Energiepreisen starke Auswirkungen.

Aktuell ertrinkt die Welt im Öl

Derzeit sieht das noch ganz anders aus. Autofahrer freuen sich seit längerem über besonders günstige Benzinkosten. Der Ölpreis ist, trotz eines leichten Anstieges zuletzt, weiter auf niedrigen Niveau. Ungefähr 45 Dollar kostet derzeit ein Barrel der Sorte Brent. Noch im Sommer 2014 kostete die gleiche Menge zeitweise mehr als 100 Dollar.

Der Preisverfall hat vor allem mit den rekordverdächtigen Fördermengen zu tun: Saudi-Arabien pumpt derzeit rund 10 Millionen Barrel täglich. Nun kommt durch das Ende der Sanktionen noch ein weiterer Staat mit riesigen Ölreserven zurück: Iran. Bei einem Treffen der Opec-Staaten im April, bei der sich die Förderländer eigentlich zu einer Drosselung der Fördermengen durchringen wollten, gab es keine Einigung. Die große Konkurrenz auf den Absatzmärkten macht die Verhandlungen schwierig. Erschwerend hinzu kommt, dass Iran und Saudi-Arabien auch politisch seit Jahrzehnten verfeindet sind.

Saudi-Arabien gerät durch den Verfall des Ölpreises finanziell zunehmend unter Druck. Lange Zeit machten die Steuern auf Ölexporte 90 Prozent der Staatseinnahmen aus. Die niedrigen Preise treffen das Land nun hart. Die Regierung versucht derzeit, die Wirtschaft durch Reformen zu erneuern. "Saudi Vision 2030" nennt sich das Programm, das Vize-Kronprinz Mohammed bin Salman vor wenigen Wochen ankündigte. Primäres Ziel des Plans ist es, die Abhängigkeit Saudi-Arabiens vom Öl zu verringern. Bereits im Jahr 2020 sollen die Einnahmen aus anderen Quellen 100 Milliarden Dollar erreichen und zu einem ausgeglichenen Haushalt führen. In 20 Jahren soll die Wirtschaft nicht mehr überwiegend von Öl getrieben sein, so Bin Salman.

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