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Online-Handel:Studie: Rücksendegebühr würde Klimabelastung senken

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Die Verbraucher in Deutschland bestellen mehr und mehr Produkte im Internet - aber sie schicken auch jedes sechste Paket wieder zurück. Wirtschaftsforscher der Universität Bamberg haben nun eine gesetzlich vorgeschriebe Rücksendegebühr ins Gespräch gebracht. Diese könne dabei helfen, Müllberge zu reduzieren und die Klimabelastung einzudämmen.

Schon eine Rücksendegebühr von knapp drei Euro könnte die Zahl der Retouren um 16 Prozent senken, heißt es in der Studie. Bei 490 Millionen zurückgeschickten Artikeln im vergangenen Jahr entspräche das etwa 80 Millionen Retouren weniger. Das würde dem Klima fast 40 000 Tonnen CO₂ ersparen, sagt Studienleiter Björn Asdecker. Darüber hinaus könnten mittelfristig die Preise sinken, da der Handel die Kosten der Rücksendungen aktuell mit einkalkuliere. Mit einer solchen Retourengebühr würde der "E-Commerce grüner und gerechter", schreiben die Wissenschaftler in der Studie.

Kleine Händler fürchten Nachteile im Wettbewerb

Die für die Studie befragten Händler stehen für 5,5 Milliarden Euro Online-Umsatz. Nur 15 Prozent von ihnen erheben derzeit Rücksendegebühren, vor allem kleinere Firmen. Sie berichteten von einem minimalen Umsatzrückgang, wegen geringerer Kosten gleichzeitig aber von positiven Folgen beim Gewinn. Die Mehrheit der kleinen Händler fürchtet jedoch Nachteile im Wettbewerb, wenn sie ihre portofreien Rücksendungen streichen - vor allem gegenüber Großhändlern wie Amazon. Bei einer gesetzlichen Mindestgebühr und somit gleichen Spielregeln für alle entfiele diese Befürchtung.

Für viele große Händler seien kostenlose Rücksendungen dagegen ein strategischer Wettbewerbsvorteil, der sich betriebswirtschaftlich lohne, so die Studienautoren. Sie sehen eine vorgeschrieben Mindestgebühr kritisch. Auch der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel (bevh) warnt: "Eine gesetzlich verpflichtende Rücksendegebühr würde einen staatlichen Eingriff in Markt und Wettbewerb darstellen, der stets nur das letzte Mittel im Fall eines Marktversagens sein darf. Erkenntnisse aus der Studie reichen nach unserer Einschätzung nicht aus, diese Frage zu entscheiden."

Ein Viertel aller heutigen Retouren ließe sich nach Einschätzung der Bamberger Forscher bereits durch für alle Kleiderhersteller verbindlichen Größenangaben und eine funktionierende Online-Größenberatung sparen. Bei Kleidung und Schuhen gehe aktuell fast die Hälfte der Pakete zurück. Es sei gängige Praxis, Artikel in drei Größen und drei Farben zu bestellen, am Ende aber nur eins der Teile zu behalten. Grund dafür sei, dass die meisten Größenangaben nur "bedingt aussagekräftig und zum Teil irreführend" seien. Das zu ändern wäre allerdings Sache der Hersteller. Die nötigen Technologien dafür gebe es bereits: Handykameras zur Körpervermessung, Datenanalyse und Künstliche Intelligenz könnten bei der Größenberatung helfen und somit viele Retouren überflüssig machen - "sofern die Händler und Kunden die Technologien auch einsetzen".

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