Süddeutsche Zeitung

Ruhestand:Immer mehr Versicherte wollen schon mit 63 in Rente

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Von Thomas Öchsner

Die einen möchten gerne länger arbeiten, die anderen würden sich am liebsten früher aus dem Berufsleben verabschieden, möglichst schon mit 63 und dann am besten ohne Abschläge von der Rente. Doch das ist schwierig: Für die Rente ab 63 braucht man mindestens 45 Versicherungsjahre, was vor allem für Akademiker kaum zu erreichen ist. Oder man hat einen Batzen Geld auf dem Konto, um die Abschläge durch Extra-Beiträge in die Rentenkasse abzubezahlen. Und diesen Luxus leisten sich in Deutschland immer mehr gesetzlich Versicherte.

Haben 2017 noch 11 620 Versicherte mit Sonderbeiträgen spätere Rentenminderungen ausgeglichen, waren es 2018 bereits 17 086 Versicherte. Das sind fast 50 Prozent mehr. Dies geht aus einer Analyse der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Bund hervor, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Über diese Beiträge fließt deshalb immer mehr Geld in die Rentenkasse: 2017 lagen die Einnahmen dafür laut DRV noch bei 207 Millionen Euro, 2018 waren es bereits 291 Millionen. Für 2019 liegen noch keine Zahlen vor. Jeder der Einzahler hat damit 2018 etwas mehr als 17 000 Euro freiwillig an die Rentenkasse überwiesen. Eine Sprecherin der Rentenversicherung wertete dies als "Zeichen für das Vertrauen der Beitragszahler in die Sicherheit der gesetzlichen Rente".

Vor einigen Jahren hätte das vermutlich kaum einer geglaubt: Geld in die oft geschmähte Rentenversicherung zu stecken, ist für die Generation 50 plus attraktiv geworden - erst recht in Zeiten von Negativ- und Nullzinsen. Sichere Sparanlagen wie Tages- oder Festgeld werfen kaum noch Erträge ab. Rentner aber konnten sich zuletzt über zum Teil deutliche Erhöhungen ihrer Altersbezüge freuen, was auch die Ansprüche der zukünftigen Ruheständler erhöht. Auch dieses Jahr, zum 1. Juli 2020, geht es weiter aufwärts: Die Renten im Osten könnten dann um fast vier Prozent, die im Westen um mehr als drei Prozent steigen. Die genaue Höhe steht aber erst im Frühjahr fest, wenn Zahlen zur Lohnentwicklung vorliegen.

Ein weiterer Vorteil für freiwillige Einzahler: Der Beitragssatz für die Rentenversicherung, der auch schon bei 20,3 Prozent lag, steht derzeit bei relativ niedrigen 18,6 Prozent, und dabei wird es bis 2024 wohl bleiben. Außerdem dürfte der Boom bei den Extra-Beiträgen auf das Flexirentengesetz zurückzuführen sein. Dadurch können Versicherte seit 1. Juli 2017 schon vom 50. Lebensjahr an mit freiwilligen Beiträgen Rentenminderungen ausgleichen.

Abschläge abzukaufen, ist teuer

Sonderzahlungen zu leisten kommt aber vor allem für Gutverdiener und Vermögende in Frage. Dabei gilt: Für jeden Monat, den man vom 63. Lebensjahr an früher in Rente geht, wird ein Abschlag von 0,3 Prozent fällig. Macht pro Jahr 3,6 Prozent. Maximal kann sich der Abschlag auf 14,4 Prozent belaufen, wenn ein Versicherter ab dem Jahrgang 1964 statt mit 67 mit 63 Jahren in Rente geht. 2018 gingen nach Angaben der DRV 23 Prozent aller Altersrentner mit Abschlägen in den Ruhestand. Die Höhe der Abschläge betrug im Durchschnitt etwa 90 Euro von der Brutto-Monatsrente.

Abschläge abzukaufen, ist aber teuer: Wer zum Beispiel eine Rente von 1800 Euro beziehen wird und zwei Jahre früher in den Ruhestand ohne Abschläge will, muss mehr als 30 000 Euro zum Ausgleich in die Rentenkasse einzahlen. Vier Jahre früher würden in diesem Fall schon mehr als 66 000 Euro kosten. Man kann die Zahlungen aber bis zu einer Obergrenze von der Steuer absetzen. Rentenberater empfehlen deshalb, die Extra-Beiträge über mehrere Jahre zu verteilen und sich bei Bedarf steuerlichen Rat einzuholen. Eine Wette auf ein langes Leben sind die Zahlungen in jedem Fall. Wer mit 70 stirbt, wird von einer Rente ohne Abschläge nicht lange etwas haben.

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SZ vom 25.02.2020
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