Süddeutsche Zeitung

Rente: Kultur des lebenslangen Lernens:Mehr Wunsch als Wirklichkeit

Die Rente mit bis zu 69 Jahren wird von den Wirtschaftsweisen gefordert, aber sie wird vorerst nicht kommen. Denn die Voraussetzungen für die beschlossene Rente mit 67 sind längst noch nicht gegeben.

Thomas Öchsner

Die Rente mit 67 ist für viele Menschen ein Horrorszenario: Sie haben davor Angst, weil es für viele ältere Arbeitnehmer keine Jobs mehr gibt, sie deshalb zu Hartz-IV-Fällen werden oder mit hohen Abschlägen vom Altersgeld in den Ruhestand gehen müssen. Von der Forderung der fünf "Wirtschaftsweisen", die Lebensarbeitszeit langfristig von bald 67 auf bis zu 69 Jahre zu erhöhen, sollten sie sich trotzdem nicht beunruhigen lassen.

Der Sachverständigenrat soll die Regierung beraten. Die Wissenschaftler tun deshalb nur ihre Pflicht, wenn sie für die Politiker weit vorausdenken und an einen banalen Zusammenhang erinnern: Steigt die Lebenserwartung weiter, kann eine noch höhere Altersgrenze für den Eintritt in den Ruhestand notwendig sein, damit die Älteren ihre Rente weiter bekommen und die Beiträge für die Jüngeren bezahlbar bleiben.

Trotzdem wird die Idee wieder in den Regierungsschubladen verschwinden. Für die Koalition muss es zunächst darum gehen, die Rente mit 67 Jahren von 2012 an so einzuführen, dass die Befürchtungen der Bürger sich nicht bewahrheiten. Dafür bleibt noch viel zu tun, bis die längere Lebensarbeitszeit von 2029 an voll gilt.

Die Arbeitgeber brauchen neue Programme, um ihre Mitarbeiter fit zu halten. Wenn die Regierung in den nächsten Monaten ein Konzept gegen den drohenden Anstieg der Altersarmut entwickeln will, sollte sie auch darüber nachdenken, wie sie Schwerarbeitern, die weder bis 65 noch bis 67 in einem Vollzeitjob durchhalten können, einen gleitenden Übergang in den Ruhestand ermöglichen kann.

Umdenken müssen alle - die Sachverständigen sprechen von einer "Kultur des lebenslangen Lernens". Davon ist Deutschland noch weit entfernt.

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Quelle:
SZ vom 18.05.2011
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