Süddeutsche Zeitung

Rechtschreibprüfung auf iPhone:"Bigot" ist tabu

Sie wollen "Abtreibung" ins Handy tippen? Oder "betrunken"? Die Rechtschreibprüfung von Apples iPhone hilft ihnen dabei nicht - zumindest nicht auf Englisch. Verbraucherschützer sehen die Rechte der Kunden bedroht.

Die betrunkene arische Jungfrau entschied sich für eine Abtreibung - dieser Satz wird, zugegeben, wohl nicht oft als SMS verschickt. Apples Software hätte auch etwas dagegen. In der englischen Version hilft die eingebaute Rechtschreibprüfung des iPhones nicht, Vertipper in diesen Worten zu beheben. Das hat ein Test des Online-Magazins The Daily Beast ergeben.

14.000 Wörter hat das Magazin getestet. Komplizierte und selten genutzte Wörter wie "abiogenesis", "abiotic", "ableism", "abomasum" oder "abseil" erkennt die Rechtschreibprüfung und schlägt ihre korrigierte Variante vor, wenn der Nutzer sie falsch tippt.

Bei Wörtern, die in den USA jedoch als sensibel gelten, ist die Rechtschreibprüfung blind. The Daily Beast hat folgende Treffer gefunden: "abortion", "abort", "rape", "bullet", "ammo", "drunken", "drunkard", "abduct", "arouse", "Aryan", "murder", "virginity", "bigot", "deflower", "homoerotic", "marijuana", "pornography", "prostitute" und "suicide".

Das interne Wörterbuch kennt diese Worte allerdings. Sie werden nicht als falsch markiert und rot unterstrichen, wenn sie korrekt getippt sind. Sie stehen nur nicht auf der Verbesserungsliste.

Ein Test am iPhone bestätigt die Recherchen von The Daily Beast - und zeigt: Im Deutschen tritt das Problem nicht auf.

Apple wollte sich auf Anfrage von The Daily Beast nicht äußern. Verbraucherschützer kritisierten den Konzern. "Das ist nicht wirklich Zensur, aber es nervt und verweigert den Kunden Wahlfreiheit", sagte Jillian York von der Electronic Frontier Foundation dem Online-Magazin.

Apple ist bekannt für seine scharfe Kontrolle von Inhalten. Der Konzern nahm etwa einen E-Book über die Hippie-Bewegung aus seinem Angebot, weil Fotos im Buch nackte Menschen zeigten.

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